Lehrer zensieren Schülerzeitungen

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Nicht nur Redaktionssitzungen sehen bei Schülerzeitungen ähnlich aus wie bei anderen Medien. Sie haben auch gleiche Rechte – die Pressefreiheit ist eines. Foto: DPA/ Holger Hollemann

Die Freiheit vieler jugendeigener Medien ist in Gefahr. Rechtsberatung und Vernetzung sollen das ändern.

 

Eigentlich ging es nur darum, jüngere Leser zu gewinnen: Eine Schülerzeitung aus Pankow veröffentlichte auf ihrer Webseite anonymisierte lustige Zitate von Lehrern, um mehr Schüler aus den unteren Klassen zum Lesen zu animieren. Was zwei Jahre gut ging, wurde zum Problem, als eine politisch unkorrekte Aussage eines Lehrers zitiert wurde. Eine Mutter beschwerte sich, der Direktor und die für die Zeitung verantwortliche Lehrerin beschlossen, die Rubrik einzustellen, eine entsprechende Weisung erging an die Chefredakteure – alles über die Köpfe der Redaktion hinweg. Die änderte die Rubrik, ist damit aber unzufrieden.

 

Von einem klassischen Fall von Einschränkung der Pressefreiheit von Schülerzeitungen spricht Kai Mungenast, Bundesvorstand der Jugendpresse Deutschland. Klassisch deshalb, weil er zeigt, in welcher Zwickmühle viele Schülerzeitungsredakteure stecken: Letztlich haben Lehrer, da sie den Redakteuren im Unterricht Noten geben, ein Druckmittel, dem die Schüler nichts entgegensetzen können. Die Jugendpresse Deutschland setzt sich für die Belange junger Medienmacher ein. Vergangenen Montag nahm der Verein die Veröffentlichung der Rangliste der Pressefreiheit, die die Organisation Reporter ohne Grenzen erarbeitet, zum Anlass, um auf die zunehmende Einschränkung auch von Jugendmedien hinzuweisen. Um dagegenzuwirken, bietet die Jugendpresse Schülerzeitungen eine kostenlose Rechtsberatung an. Die Nachfrage sei vergangenes Jahr stark gestiegen, teilt der Verein mit. Ein Medienanwalt informiert die Redaktionen über die Rechtslage in konkreten Fällen und vermittelt gegebenenfalls Gespräche zwischen den involvierten Parteien – oft seien Schüler und Lehrer an einer einvernehmlichen Lösung interessiert.

 

Doch es gibt auch andere Fälle, die sich nicht so leicht lösen lassen. Mungenast berichtet von einer Schülerzeitung auf Hiddensee, die in einem Artikel auf die rechtsradikale Vergangenheit des Bürgermeisters aufmerksam machen wollte. Schon vor der Veröffentlichung war die Redaktion eingeschüchtert und bedroht worden, der Streit mit dem Bürgermeister eskalierte. Letztlich erschien der Text zwar, der Streit hält aber bis heute an.

 

Die Jugendpresse beobachtet außerdem, dass Unternehmen den oft klammen jugendeigenen Medien immer häufiger Geld anbieten, um werbliche Inhalte in redaktionelle Artikel zu schmuggeln, ohne die Zusammenarbeit mit den Firmen transparent zu machen.

 

Offizielle Erhebungen, die die wachsende Bedrohung der Freiheit von Jugendmedien belegen, gibt es bislang nicht. Nur die Tatsache, dass die Rechtsberatung der Jugendpresse häufiger in Anspruch genommen wird, und der Eindruck, den die Vereinsmitglieder in Gesprächen mit Redakteuren jugendeigener Medien bekommen, sprechen dafür. Ein Ziel von Mungenast ist es aber, ein Ranking ähnlich der „Rangliste der Pressefreiheit“ auch für Schülerzeitungen zu schaffen. Und ein Netzwerk der Redaktionen, in dem sie sich austauschen und gemeinsam für die Pressefreiheit kämpfen.

 

(Von Josephine Valeske, 17 Jahre)

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Kategorien Politik

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