Kontrollzwang auch ohne Facebook

Foto: dpa/Peter Dasilva Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat sich etwas neues ausgedacht.
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Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat sich etwas neues ausgedacht.

Von Zoé Zimmermann, 21 Jahre

 

Ich gebe es zu: Ja, ich bin ein Kontrollfreak. In Zeiten, da Facebook seine neue Suchfunktion Graph Search eingeführt hat, mit der man als Nutzer fast schon so etwas Ähnliches wie eine Rasterfahndung nach Geheimdienstvorbild durchführen kann, äußert sich diese Eigenschaft bei mir allerdings in einer Weise, die vergleichsweise altmodisch anmutet.

Während man bei Facebook seit Neuestem systematisch nach Leuten suchen kann, die zum Beispiel in Berlin leben, 19 Jahre alt sind und Tennis spielen, lauten meine Zauberworte  nach wie vor Zustell- und Lesebestätigung. Ich nutze weder Facebook noch What’s App und schreibe auch im Jahr 2013 immer noch E-Mails und SMS. Dafür möchte ich aber auch sichergehen, dass diese ankommen und gelesen werden. Verglichen mit dem, was Facebook an Wissen über seine Nutzer sammelt, finde ich meinen Informationsbedarf recht bescheiden. Und auch die Mittel, die bei mir zum Einsatz kommen, sind verhältnismäßig harmlos. Was eben diese jedoch für Diskussionen bei meinen Freunden auslösen, erstaunt mich immer wieder. Man sollte meinen, ich würde kritisiert, weil ich dem Trend hinterherhänge und man mittlerweile weitaus mehr von sich preisgibt als ich, die ich keine sozialen Netzwerke nutze. Aber das ist gar nicht das Problem. Stattdessen stört es die lieben Bekannten, dass ich für SMS eine Zustell- und für meine E-Mails eine Lesebestätigung anfordere.

Während sie in sozialen Netzwerken offenlegen, wie sie feiern und was sie insgeheim vom Lateinunterricht von Direktor Drescher halten, scheine ich damit die Grenzen der Privatsphäre zu überschreiten. Es gehe schließlich niemanden an, wann welche Nachricht gelesen werde. Ob ich schon einmal an die Konsequenzen gedacht hätte? Man müsse sich ja ständig rechtfertigen, warum die Nachricht zu spät oder vielleicht gar nicht beantwortet wurde. Das sei unbequem! Das ginge zu weit!

Es ist ein wenig so, als würden sich meine Freunde über die gefährlichen Spionagemethoden eines Austin Powers aufregen, während sie die NSA freiwillig bei allen Nachrichten in Kopie setzen, damit sich die armen überlasteten Agenten die Mühe sparen können, sich selbst in ihre Accounts einzuhacken.

Dennoch: Was erlaube ich mir, solche Informationen anzufordern? Wahrscheinlich könnte ich mir die Frage, ob eine meiner Nachrichten gelesen wurde, inzwischen auch beantworten, indem ich auf Facebook nachsehe, was der Empfänger gemacht hat und ob er nach der rauschenden Party der vergangenen Nacht womöglich noch nicht im Stande ist, seine E-Mails zu kontrollieren. Oder ob sich vielleicht der Beziehungsstatus geändert hat und sich die Antwort wegen schweren Liebeskummers verzögert.

Aber eigentlich interessieren mich diese Informationen nicht. Ich will nur wissen, ob meine Nachricht angekommen ist. Man kann ein Kontrollfreak sein, auch ohne Graph Search.

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Kategorien Politik

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