Ball sauber in Schweden – aber bitte nicht mit Köpfchen

Bild: Anna Reich Pixelio
Bild: Anna Reich Pixelio

Von Miriam Kniep, 23 Jahre

 

Am vergangenen Mittwoch hat in Schweden die Fußball-Europameisterschaft der Frauen begonnen. Da bekanntlich Frauenfußball in Deutschland trotz herausragender Leistungen der Nationalspielerinnen nicht an die Einschaltquoten der männlichen Kollegen herankommt, braucht es eben einen Aufreger, der dafür sorgt, dass dieses Sportevent nicht völlig vergessen wird.

Deshalb widmet sich das ZDF zur EM 2013 in einem 21 Sekunden langen Werbespot dem sensiblen Umgang mit Geschlechterklischees.

Lässig kommt eine junge Frau im Trikot der Nationalelf in einen Waschkeller. Mit dabei hat sie einen von Schlamm verdreckten Fußball. Frau ist sofort klar: Damit ihr Accessoire wieder zu ihrem sonst super sauberen Erscheinungsbild passt, gehört dieser Ball treffsicher in die Waschmaschine geschossen. Dann noch schnell die Maschine auf „Leder“ programmiert und einfach ein bisschen auf der Waschmaschine sitzend lasziv Däumchen drehen, bis der Waschgang fertig ist. „Ball sauber in Schweden.“, verkündet eine Frauenstimme aus dem Off.

Den aufmerksamen Zuschauerinnen und Zuschauern fällt sofort auf, dass es dafür nicht viel Köpfchen braucht. Das muss auch der Grund sein, warum man sich entschied, den Clip so zu filmen, dass der Kopf der Frau abgeschnitten ist. Ein Schelm, wer hier glauben würde, die Frau werde auf ihren Körper reduziert.

Aber was ist hier eigentlich die Aussage des ZDF? Frauen gehören nicht hinter den Herd sondern vor die Waschmaschine? Oder: Frauenfußball ist so spannend wie die Beobachtung einer Waschmaschine, die in Betrieb ist?

Man kann sich über Sexismus und das ermüdende, flache Bedienen von Geschlechterklischees in diesem Spot zu Recht ärgern. Die Internetgemeinde reagierte auch prompt und bedachte das ZDF auf Twitter und Facebook mit einem Shitstorm.

Doch noch empörender mutet die Stellungnahme des ZDF-Chefredakteuers Peter Frey am Freitag an: „Ich finde, wir sollten es mit der political correctness nicht übertreiben. Ein Spot soll ja auffallen, der soll Interesse erwecken. Das ist in der Angelegenheit wirklich gelungen. Da guckt man hin; und damit ist die Sache für mich wirklich auch erledigt.“

Zeiten ändern sich und jetzt, da man den „Aufschrei“ rund um Brüderle und eine anschließende Sexismus-Debatte via abendlicher Talksendungen, in denen man sich politisch korrekt auch gerne über Sexismus in Deutschland empörte, längst abgehakt hat, zeigt das ZDF, was man daraus gelernt hat: Für ein bisschen Publicity darf man schon mal Abstriche bei der political correctness machen, Hauptsache ist nämlich, die Fußball-Europameisterschaft der Frauen wird überhaupt wahrgenommen. Auf welche Weise dies geschieht, scheint zweitrangig. Es wäre ja auch geradezu banal, bei einem Sportereignis sportliche Leistungen in den Blickpunkt rücken zu wollen.

Das ZDF ist aber Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wird somit von den Bürgerinnen und Bürgern mitfinanziert und unterliegt deshalb besonderen Qualitätsansprüchen. Die großen Werbekampagnen der GEZ betonen regelmäßig den Anspruch der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, ein Programm der Vielfalt und Unabhängigkeit zu schaffen. Sie möchten kritischen Fernseh-, Radio-, und Onlinejournalismus ebenso wie gute Unterhaltung liefern. Damit stehen sie für ein Image zu dem auch und gerade political correctness gehört und das wiederum gerne bemüht wird bei der Legitimation der Rundfunkgebühren und der Abgrenzung von den privaten Sendern. An diesem Image und dem eigenen Qualitätsanspruch kratzt ein solcher Werbespot erheblich. Denn der Versuch, durch das Bedienen überholter Geschlechterklischees und die Sexualisierung einer Frau zu provozieren und so mediale Aufmerksamkeit zu erlange, ist unvereinbar mit der Rolle des seriösen Senders, die das ZDF sonst für sich beansprucht.

Am Wochenende dann scheint der Druck so hoch, dass man beim Sender zum nächsten Schachzug ansetzt: Der Werbesport wird überarbeitet und fortan in einer neuen Fassung gezeigt. Das ZDF gibt sich dabei weiterhin humorig. Man stellt der Fußballerin, die so vorbildlich auf die Waschmaschine schießt einen Mann am Bügelbrett, der ihr mit nacktem Oberkörper das Trikot bügelt, zur Seite. Anerkennend hebt er bei ihrem Treffer den Daumen. Bravo. Gleiches mit Gleichem vergelten, scheint hier die Lösungsformel, schließlich kann man einen Mann auch filmen, ohne seinen Kopf zu zeigen und wenn beide bei der Hausarbeit ein bisschen sexualisiert werden, ist das schließlich auch eine Form von Gleichstellung.

 

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Kategorien Politik

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