Schulen sollen stärker gesichert werden. Zwei Jugendreporter haben unterschiedliche Erfahrungen damit
Seit Mitte vergangener Woche die Ferien begonnen haben, sind für die kommenden eineinhalb Monate erstmal alle Berliner Schulen abgeschlossen. Außerhalb der Ferien sind die meisten Schulen buchstäblich öffentliche Gebäude – ihre Türen sind tagsüber unverschlossen. Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob das sicher ist. Kameras, Wachschutz und Türkontrollen sind im Gespräch. An der privaten Schule unseres Jugendreporters Paul ist das zum Teil schon Realität. Die Schule von Jugendreporterin Josephine ist hingegen für alle Schüler jederzeit zugänglich, auch nach dem regulären Unterricht, sie soll ein Ort sein, zu dem sie immer kommen können. Die letzte Woche des Schuljahres haben beide genutzt, um sich an der Schule des jeweils anderen umzusehen und ihre Eindrücke festzuhalten:
Altehrwürdig strecken sich die Türme von Pauls Privatschule in den Himmel, doch der Schein trügt: In Form einer Überwachungskamera ist modernste Technik schon am Eingang im Einsatz. Der Blick der Linse scheint mich zu verfolgen. Die Schule einfach so zu betreten, ist nur zwischen 7.40 und acht Uhr möglich, danach werden die Türen geschlossen, und es hängt von der Sekretärin ab, ob man noch hineinkommt. Wir sind aber pünktlich. Die Sekretärin wirkt leicht überarbeitet, wahrscheinlich muss sie noch die Videos der vergangenen 24 Stunden durchsehen. Gegen acht Uhr postiert sich ein grimmig blickender Lehrer im Treppenhaus: Er wartet auf Zuspätkommer, die in einem separaten Raum einem Verfahren unterzogen werden, das mich an eine Festnahme erinnert: Formulare ausfüllen, Information der Eltern.
Auf der Toilette schaue ich mich zuerst nach weiteren Kameras um, man kann nie wissen. Gegen halb sechs, wenn alle Arbeitsgemeinschaften und der Unterricht zu Ende sind, schließt die Schule ihre Tore wieder bis zum nächsten Morgen um 7.40 Uhr.
Josephine Valeske, 16 Jahre
Als ich Josephines Gymnasium betrete, komme ich mir vor wie beim Tag der offenen Tür. Es ist neun Uhr und ich komme ungehindert in die Schule, kein kontrollierender Blick, ob ich auch wirklich hierher gehöre. Wäre ich ein Einbrecher, hätte ich leichtes Spiel. Ich gehe in den Computerraum. Auch hier keine Lehrkraft oder Kameras, die aufpassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Mir fällt auf, dass es Sicherheitstechnik gar nicht gibt. Dass deshalb manches außer Kontrolle gerät, zeigt sich in der Pause. Die Schüler dürfen das offene Schulgelände eigentlich nicht verlassen, nun sehe ich aber eine große Gruppe, die in Richtung eines kleinen Ladens läuft, um dort ihr Frühstück zu kaufen. In einem Nebengebäude steht ein Prunkstück: ein mehrere Tausend Euro teures Smartboard, gekoppelt an einen Hochleistungsrechner. Anders als das Haupthaus ist dieses nachmittags geschlossen. Doch die Schwachstelle ist offenbar: ein Balkon mit unverschließbarer Glastür, die ungesichert ist. Langsam habe ich den Eindruck, die Schule ist doch sicherer, als ich dachte – ein Einbrecher müsste diese Schule für eine Falle halten, denn es ist beinahe zu leicht, hier etwas Wertvolles mitzunehmen.
Nach der Schule bleiben Überfälle aber aus, dafür werde ich Zeuge eines schönen Bildes: Viele Schüler sitzen beisammen, machen Hausaufgaben, lernen oder quatschen einfach. Die Schule als Ort, an dem die Schüler auch ihre Freizeit verbringen, das wäre bei mir nur bedingt möglich.
Paul Engelschalt, 17 Jahre