In Moskau tagte das 8. Deutsch-Russische Jugendparlament. Die Debatten waren hitzig, aber produktiv
MOSKAU. Die Kulisse kann man nicht anders als prunkvoll bezeichnen: Im Alexander-Saal des Moskauer Kreml trägt die 21-jährige russische Co-Vorsitzende des 8. Deutsch-Russischen Jugendparlaments Anna Kosenkowa gemeinsam mit ihrem deutschen Amtskollegen Gabriel Deutscher die Ergebnisse der einwöchigen Beratungen des Gremiums vor. Es ist die Abschlussplenarsitzung des Petersburger Dialogs. Vorn sitzen Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundekanzlerin Angela Merkel. „Wir wissen nicht, wie es bei Ihnen ist, aber bei uns ist alles in Ordnung. Wenn die deutsch-russische Jugend die Beziehungen zwischen beiden Ländern gestalten könnte, wäre alles noch besser.“, sagt Anna Kosenkowa an sie gewandt.
Chaotisch aber demokratisch
Die Jugend ist der beste Botschafter lautete das Fazit der Teilnehmer des achten Jugendparlaments, das vom 11. bis 17. November unter dem Titel „Gemeinsame Antworten auf neue Herausforderungen?“ parallel zum Petersburger Dialog und den deutsch-russischen Regierungskonsultationen in der russischen Hauptstadt tagte. Dazu hatten sich 50 Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren aus Russland und Deutschland zusammengefunden. In Plenarsitzungen und vier Ausschüssen berieten sie über Themen wie Chancengleichheit der Jugend in beiden Ländern, die Visaproblematik und den Beitrag der Jugend zur Bewältigung von Problemen zwischen Russen und Deutschen.
Die Diskussionen waren teils sehr hitzig. „Unsere Mentalitäten sind sehr verschieden. Trotzdem können wir gut miteinander kommunizieren“, meint der jüngste Teilnehmer Michail Korotkewitsch aus Kaliningrad. In der abschließenden Plenarsitzung wurde das Ergebnispapier zwar auf chaotische Weise, aber demokratisch verabschiedet. Alle sind damit zufrieden. Die Jugendlichen fordern unter anderem ein deutsch-russisches Jugendwerk nach französischem Vorbild, die gegenseitige Anerkennung von Schul-, Universitäts- und Berufsabschlüssen und konkrete Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Wichtig sind den Jugendparlamentariern auch Visaerleichterungen. „Das derzeitige Visaregime behindert die deutsch-russische Zusammenarbeit in jeder Hinsicht, im besonderen Falle aber den Jugendaustausch.“, sagt Jugendparlamentarier Felix Keitel. Mit der Initiative „No Visa“ strebt er die Abschaffung der Visapflicht zwischen Deutschland und Russland an.
Enttäuscht von Merkel und Putin
„Wir Jugendlichen haben gezeigt, dass wir bereit sind, dem anderen zuzuhören und auf der Basis unserer gemeinsamen Erfahrungen und Werte konkrete Projekte für die Zukunft unserer beiden Länder zu erarbeiten“, fasst der 25-jährige Co-Vorsitzende Gabriel Deutscher die Erfahrung des Jugendparlaments zusammen. Er ist jedoch davon enttäuscht, dass Putin und Merkel in ihren Erklärungen an diesem Nachmittag nicht auf die Forderungen der Jugendlichen reagieren. Als im Kreml die Rede vom Internet ist, gibt die Bundeskanzlerin zumindest eines zu: „Wir brauchen die Jugend dringend, um modern zu sein und mitzukommen.“ Aha.
Elisabeth Lüdeking, 21 Jahre