Die ewigen Querelen mit der Quote

Vicki Kormesch will mehr Frauen an der Spitze. Foto: Kilian Müller

Von Vicki Kormesch, 22 Jahre


Von der mächtigsten Frau in der EU erhält die stärkste Kämpferin für eine Frauenquote in Europa keine Zustimmung: Angela Merkel lehnt den Vorstoß von EU-Justizkommissarin Viviane Reding ab, eine entsprechende Quote für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen festzulegen. Der Vorschlag, den Reding nun in der EU-Kommission durchsetzte, zielt auf einen Anteil von 40 Prozent des „jeweils unterrepräsentierten Geschlechtes“ bis 2020. Gemeint sind damit – zumindest in den Chefetagen großer Konzerne – eindeutig nicht die Männer. Nun müssen dem Gesetzentwurf noch EU-Parlament und der Ministerrat zustimmen.


In den Aufsichtsräten der 200 größten deutschen Unternehmen sitzen nur etwas mehr als zehn Prozent Frauen. Trotzdem musste Reding ihren ursprünglichen Gesetzentwurf wegen zu großer Widerstände entschärfen. Der neue Entwurf sieht vor, dass die Unternehmen die 40 Prozent nicht erreichen, sondern nur ihre Bemühungen darum nachweisen müssen. An dieser Entschärfung sieht man: Eine gesetzliche Geschlechterquote zu etablieren ist schwierig. Befürworterinnen wie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) oder die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) können ein Lied davon singen. Beide forderten sogar eine Quote von weniger als 40 Prozent und hatten dennoch keinen Erfolg. Das verstehe ich nicht. Die Argumentationen der Quotengegner sind unplausibel. Der Stolz vieler Frauen, es ohne Quote schaffen zu wollen, ist fehl am Platz – zurzeit sind manche Positionen für Frauen fast unerreichbar. Denn Arbeitgeber halten Männer immer noch für die billigeren Arbeitskräfte, vor allem da sie nicht schwanger werden und keinen Mutterschutz in Anspruch nehmen können. Und Männer, die fürchten, benachteiligt zu werden, machen damit eine Erfahrung, die Frauen schon viel länger machen müssen. Ist es nicht also fair, den Männern dies abzuverlangen?


Ich verstehe das Argument, dass nicht jede Frau, die von der Quote profitieren würde, bisher benachteiligt war. Ebenso wenig wie jeder Mann, der wegen der Quote zurückstecken müsste, schuld an den ungerechten Verhältnissen ist. Bei gleicher Qualifikation soll das unterrepräsentierte Geschlecht bevorzugt werden, das ist der Kern der Quote. Dabei hat sie das Problem nur mit punktueller Ungerechtigkeit allgemeine Chancengleichheit herstellen zu können. Das finden manche unfair. Ich finde den Frauenanteil in Aufsichtsräten unfair.


Die Frauenquote ist eine Art Brückentechnologie für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis. Davon kann bisher in vielen Bereichen keine Rede sein: Mehr als die Hälfte der Abiturienten und Hochschulabsolventen sind Frauen. Trotzdem ist noch nicht einmal jeder fünfte Professor weiblich. Dass Reding allerdings gerade für Aufsichtsräte die Quote fordert, hat im Übrigen einen Hintergedanken: Da Aufsichtsräte die Mitglieder der Vorstände bestellen, hofft sie auch auf mehr Frauen in diesen Gremien. Frauen sollen Frauen helfen. Frau Reding selbst hofft vergeblich auf Hilfe von Frau Merkel.


Findet ihr, dass Frauen der Zugang zu Spitzenpositionen durch eine Quote erleichtert werden sollte? Diskutiert mit!

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Politik

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.