Die Ministerin begreift die Probleme nicht

Laura Harmsen ist frustriert wegen der geplanten Ausgehsperre für Jugendliche. Foto: Privat

Von Laura Harmsen, 21 Jahre


Vor mir an der Kasse stehen zwei junge Männer mit mehreren Flaschen Alkohol, ich würde ihr Alter auf etwa 14 bis 17 Jahre schätzen. Ich bin nicht sehr gut darin, doch die Kassiererin ist sich offenbar sehr sicher, denn sie fragt nicht nach den Ausweisen, obwohl dies eigentlich Vorschrift ist. Sicher ist das Nachfragen anstrengend, aber es gibt keinen anderen Weg, das Alkoholverbot für Unter-16-Jährige durchzusetzen.


Da man es vielerorts nicht so genau mit der Kontrolle nimmt, gibt es einige Jugendliche, die sich bis zur Bewusstlosigkeit betrinken. Um dem entgegenzuwirken, will Familienministerin Kristina Schröder den Jugendlichen nun per Gesetz verbieten, nach 20 Uhr ohne Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten auf Veranstaltungen zu gehen, auf denen es Alkohol gibt. Viele Eltern sind jetzt wohl sehr dankbar, dass sie ihre Kinder nun noch öfter zu Justin-Bieber-Konzerten begleiten müssen.


Die Frage ist, wie effektiv die Umsetzung des Vorschlags sein könnte. Niemand braucht noch ein Gesetz, das nicht durchgesetzt wird. Diejenigen, die sich jetzt an die Regeln halten, sind kaum die, die nachher am Tropf hängen, und die, die sich jetzt regelmäßig die Kante geben, wird eine stärkere Ausgehsperre auch nicht abhalten.


Nachdem Schröder gerade in ihrem Buch ihren eigenen Posten für überflüssig erklärte, brauchte sie vermutlich ein Projekt, um ihre Amtsausübung zu legitimieren. Aber Fakt ist: Wer eine Regel nicht einsieht, hält sich auch nicht daran. Wichtiger ist, Jugendliche so zu erziehen, dass sie von allein vernünftig handeln.


Der Regierung geht es offenbar nicht darum, mündige Bürger heran­wachsen zu lassen, sondern um vollständige Kontrolle. Die schleicht sich Stück für Stück in unser Leben, um uns vor unserem freien Willen zu schützen. Das Geld, das für die Umsetzung solch eines Gesetzes nötig wäre, sollte man lieber dafür einsetzen, wirkliche Prävention in Form von Aufklärungsarbeit zu leisten. Genauso wichtig ist es, Einrichtungen wie Jugendclubs zu stärken, die wirklich effektive Arbeit leisten, Ansprechpartner sind, Alternativen der Freizeitgestaltung und Perspektiven bieten. All dies hält davon ab, die Gehirnzellen in Ethanol zu ertränken. Aber nein, die Mittel für Jugendclubs werden mehr und mehr gekürzt, sodass sie reihenweise von der Schließung bedroht sind. Die Entscheidungsträger zeigen eindrucksvoll, was sie von ihrem Auftrag verstehen: nichts.


Schröders Plan – eine gute Idee?

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Kategorien Politik

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