Alter Egos: Sterben

Wer sich ständig um diesen Moment sorgt, hat keine Zeit, richtig zu leben. Foto: Fotolia/Robert Hoetink

Madlen Schäfer, 22 Jahre, aus Kreuzberg fragt: „Haben Sie Angst vor dem Tod und haben Sie auf Beerdigungen das Gefühl, als Nächstes dran zu sein?“


Herr Höff antwortet: Zu Beerdigungen gehe ich ja zum Glück nur sehr selten, wenn es um nahe Verwandte oder Bekannte geht.


Da es unlängst junge Menschen betraf, deren Vater ich hätte sein können, war es besonders traurig. Sie waren noch lange nicht „dran“, sondern starben plötzlich und unvermutet. Um Angst vor dem Tod zu haben, war ihnen keine Zeit gegeben.


Wann sollte man denn anfangen, Angst vor dem Tod zu haben? Solange kein konkreter Zeitpunkt für das Sterben absehbar ist, kann man entweder dauernd Angst haben oder gar nicht.


Der Tod ist zwar die einzige unausweichliche Katastrophe des Lebens, aber keineswegs die einzig Mögliche. Und dass man auch einige dieser anderen möglichen Katastrophen zu bewältigen hat, ist wohl auch klar. Wann fängt man an, sich vor diesen zu fürchten? Manche Leute fürchten sich nahezu ständig, andere eher gar nicht. Ein Grund dafür muss nicht die naive Vorstellung sein, dass es selbstverständlich ist, wenn im Leben alles gut geht, sondern eher die Hoffnung, auch große Herausforderungen bewältigen zu können.


Einer meiner Bekannten ist gerade dabei, eine Ausstellung vorzubereiten. Er hat etwa 130 Menschen fotografiert und sie dabei die Frage beantworten lassen, was sie sich wünschten, wenn der „Goldene Fisch“ ihren wichtigsten Wunsch erfüllen würde. Mehr als die Hälfte der Befragten wünschten sich und ihren Liebsten Gesundheit und langes Leben und dachten nicht daran, dass der Tod vielleicht nicht die größte denkbare Katastrophe darstellt.


Probleme, die bei bester Gesundheit auftraten, haben schon Menschen in den Selbstmord getrieben und dann war es schade um die Gesundheit.


Andererseits sind Menschen bei dem Versuch umgekommen, anderen das Leben zu retten oder dabei Übel, die alle betrafen, zu bekämpfen. In dem Roman „Die Pest“ von Albert Camus engagieren sich etliche Personen aus ganz unterschiedlichen Motiven im Kampf gegen die Pest (die ein Synonym für die faschistische Besatzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs ist) und fallen der Pest größtenteils zum Opfer. Ihr Tod wird jedoch nicht als sinnlos interpretiert, denn für etwas zu sterben ist besser, als ohne den Widerstand gegen das Übel zu leben.
Es gibt Schlimmeres als den Tod, nämlich nicht richtig zu leben.


Dein Manfred


Habt ihr auch eine Frage an unsere Alter Egos, die in allen Lebenslagen mit der Kraft der zwei Erfahrungsschätze Rat wissen? Dann schreibt uns.

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Kategorien Politik

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