Wir sind nicht alle potenzielle Betrüger

Hannah Vahlefeld: „Vertrauen ist und bleibt eine gute Sache. Das darf man ruhig auch in der Schule lernen.“ Foto: privat
Hannah Vahlefeld: „Vertrauen ist und bleibt eine gute Sache. Das darf man ruhig auch in der Schule lernen.“ Foto: Privat

Von Hannah Vahlefeld, 19 Jahre



Seit sich die internetfähigen Smartphones bis in die Klassenzimmer vorgewagt haben, herrscht regelrechter Ausnahmezustand an einigen Berliner Oberschulen. Da die raffinierten Alleskönner von einigen wenigen heutzutage in Klausuren genutzt werden, haben einzelne Berliner Schulen dieser neuen Form der Schummelei den Kampf angesagt. Und der geht oft viel zu weit.


Mit ständigen Warnungen, stündlichen Kontrollgängen und Durchsuchung aller Habseligkeiten bei Klausuren und dem Abgabezwang von Handys und Taschen ist es ihnen gelungen, eine Atmosphäre des Misstrauens zu schaffen. Die Andeutung, dass alle Schüler potenzielle Betrüger sind, fördert keineswegs das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Und dazu verstärkt der Generalverdacht die Anspannung während der Prüfungen umso mehr. Auch die Schüler, die nicht schummeln, verspüren ein Unbehagen, wenn sich die Lehrer abwechselnd an ihren Tischen entlang durch die viel zu engen Gänge schlängeln und dabei das Schreibzeug misstrauisch untersuchen. So kann man sich nicht konzentrieren, und selbstverständlich kenne ich einige Beispiele von Freunden, die schon unberechtigterweise des Betrugs bezichtigt wurden.


Die Lehrer begründen die Maßnahmen als notwendig, um die Schüler von der moralischen Verwerflichkeit des Betrugs zu überzeugen. Aber so funktioniert das nicht. Sicher ist, dass diejenigen, die schummeln wollen, auch weiterhin einen Weg finden werden, die Lehrer zu überlisten. Was wir nicht brauchen, sind Lehrer, die uns grundsätzlich misstrauen. Was wir brauchen, ist eine Motivation, ehrlich zu sein. Zugegebenermaßen lässt uns die Gesellschaft als gutes Vorbild da etwas im Stich – man denke nur an die Schummeldoktoren. Aber es lohnt sich, rechtschaffend durchs Leben zu gehen. Es macht Spaß, und man profitiert davon. Übrigens sogar manchmal vom Schummeln – wer sich eine kreative Methode überlegt hat, die funktioniert, hat es verdient, damit durchzukommen. Das Allerwichtigste aber ist, dass die Schulen, die sich zurzeit wie ein Überwachungsstaat aufführen, einen Kurswechsel vornehmen. Generelles Misstrauen gegenüber jedem ist nichts, was die junge Generation verinnerlichen sollte.

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Kategorien Politik

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