Klartext: Für internationale Verständigung und Toleranz



von links: Benjamin (Deutschland), Milana (Moskau), Timur (Naltschik) und Kamil (Ufa). Foto: Privat



Ein Kommentar zum deutsch-russischen Jugendparlament in Hannover



von Benjamin Ledwon, 22 Jahre



Als „kühl und distanziert“ wurde die Stimmung während der 13. deutsch-russischen Regierungskonsultationen von vielen Medien eingeschätzt. Von dem gleichzeitig veranstalteten Jugendparlament deutscher und russischer Jugendlicher ließe sich in gewisser Weise das Gegenteil behaupten. Der einwöchige Ideenaustausch unter dem Motto „ Jugend – ein dynamischer Ideengeber in den deutsch-russischen Beziehungen“ fand häufig in hitziger Atmosphäre statt und war geprägt von intensiven Debatten.



Hinter dem Jugendparlament steckt die Idee, Jugendliche beider Länder zusammenzubringen, um bestehende Probleme zu thematisieren. Im Verlauf dieser Veranstaltung entstand jedoch der Eindruck, dass etliche russische Teilnehmer weniger darauf bedacht waren, innovative und kritische Gedanken zu äußern, sondern vielmehr die Linie der russischen Regierung verteidigen wollten. Während auf deutscher Seite alle politischen Farben vertreten waren, wies ein Dolmetscher darauf hin, dass die Mehrzahl der russischen Vertreter der Regierungspartei „Einiges Russland“ angehörte. Des Weiteren wurde über ein Seminar in Moskau berichtet, das die russischen Teilnehmer vor Beginn des Jugendparlaments besuchen mussten, um einige „Richtlinien“ zu besprechen. Ich halte es daher für zweifelhaft, ob die Teilnehmer, so wie es in einem Parlament eigentlich sein sollte, nur ihrem Gewissen schuldig waren und in den Debatten ausschließlich ihre eigene Meinung vertraten.



Eine besonders hitzige Diskussion entwickelte sich, als es um die Definition des Begriffs Toleranz ging. Dabei kamen deutliche Unterschiede der Mentalitäten zum Vorschein. Während die deutsche Seite Minderheiten explizit aufzählen wollte, favorisierten die Russen eine weniger konkrete Definition. Den Grund beschrieb mir ein russischer Teilnehmer, der seit einiger Zeit in Deutschland lebt. So ist beispielsweise Homosexualität für viele „ein Tabuthema, das am besten nicht erwähnt werden sollte“. Als ein deutscher Teilnehmer es wagte, auf einige Defizite in Fragen der Toleranzförderung in Russland hinzuweisen, wurde diesem von russischer Seite die Kompetenz abgesprochen, über solche Dinge zu urteilen.



Trotz der auf vielen Ebenen kooperativen und freundschaftlichen Atmosphäre gab es also dennoch Verständigungsschwierigkeiten. Diese bestehen zwischen allen Ländern. Trotzdem ist es wichtig, solche Schwierigkeiten zu thematisieren und einen regen Austausch zu fördern, um eine friedliche Zukunft aktiv zu gestalten.

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Kategorien Politik

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