Klartext: Alle haben das gleiche Recht auf Sicherheit



Vicki Kormesch: „Die Anti-Gewalt- Strategien der Jungen Union sind schwachsinnig.“ Foto: Kilian Müller
Vicki Kormesch: „Die Anti-Gewalt- Strategien der Jungen Union sind schwachsinnig.“ Foto: Kilian Müller


von Vicki Kormesch, 21 Jahre


Physische Gewalt in Berliner U-Bahnhöfen ist in den vergangenen Monaten fester Bestandteil der öffentlichen Diskussion geworden. Vor einer Woche wurde ein Täter zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Überall wird überlegt, wie man dem Problem Herr werden kann. Und auch bei der Jungen Union haben die U-Bahn-Schläger Fragen zur Sicherheit im Nahverkehr aufgeworfen.



Ihr Beitrag zum Thema ist allerdings sehr speziell. Die Junge Union Reinickendorf forderte ein U-Bahn-Abteil nur für Frauen, um sie vor Gewalt zu schützen. Der Vorsitzende Tim-Christopher Zeele sieht „den Berliner Personennahverkehr zu einem rechtsfreien Ort verkommen“, und die Frau als solche scheint ihm dabei besonders bedroht. Interessant, denn die erheblich höhere Zahl bekanntgewordener Fälle beschreibt männliche Opfer.



Sofort kommt die Frage auf, wie sich der konservative Nachwuchs die Umsetzung vorstellt. Um die Exklusivität der Frauen im Abteil zu gewährleisten, bräuchte es Wachpersonal. Das wäre aber nur vertretbar, wenn man den Menschen im Rest der Bahn gleichen Schutz bieten würde. Vor allem weil die mehrheitlich männlichen Opfer mit den mehrheitlich männlichen Tätern zusammensäßen. Abgesehen davon müssten sich die Frauen fragen, ob sie nun nicht eigentlich gezielter angegriffen werden können. Das so genannte starke Geschlecht könnte ihnen jedenfalls nicht zur Hilfe eilen.



Die Forderung der Jungen Union manifestiert einmal mehr das Bild des schwachen Opfers. Würde man extra Abteile für Frauen einführen, müsste man das auch für jede andere diskriminierte Gruppe tun. Dann sitzen im zweiten Wagon die Homosexuellen, im dritten die Migranten und im vierten vielleicht ein paar Bob-Dylan-Hörer?



Es ist nicht das erste Mal, dass die Vorschläge der Jungen Union zur öffentlichen Sicherheit schwachsinnig sind. Wir erinnern uns an eine Forderungvon Landeschef Conrad Clemens, der 2010 die einwöchige Schließung von Freibädern forderte, in denen es zu gewaltvollen Auseinandersetzungen kam. Die Forderung, wegen weniger Vollidioten alle Freibadbesucher zu bestrafen, hat etwa die gleiche Qualität, wie das Zugeständnis des Rechts auf Sicherheit nach Geschlechtszugehörigkeit.

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Kategorien Politik

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