von Vivian Yurdakul, 21 Jahre
Die meisten Jugendlichen, die an Schulen in Deutschland Amok gelaufen sind, haben regelmäßig so genannte Killerspiele gespielt. Dieser Satz ist genauso richtig, wie der Schluss daraus falsch ist, dass Killerspiele Amokläufe auslösen können. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass dem nicht so ist. Nahezu alle psychiatrischen Gutachten, die über Amokläufer angefertigt wurden, belegen, dass deren Neigung zur Gewalt nicht auf Killerspiele zurück- zuführen ist, sondern schon vorher in ihrem Verhalten angelegt war.
Nun gab Anders Breivik, der Attentäter der Anschläge von Norwegen, bekannt, dass ihm die Schlussszene von Lars von Triers blutigem Drama „Dogville“ als Inspiration für seine Tat diente. Der Regisseur reagierte darauf entsetzt, indem er sagte: „Wenn sich herausstellt, dass ‚Dogville’ Breivik wirklich zu seinen Taten inspiriert hat, dann tut es mir leid, dass ich den Film jemals gemacht habe.
Diese Reaktion ist verständlich. Natürlich ist die Vorstellung entsetzlich, einen Menschen zu einer solch monströsen Tat, wie sie in Utoya und Oslo geschah, inspiriert zu haben. Dennoch – und auch, wenn das nicht das Geringste ändert und überhaupt nichts besser macht – gilt für Filme, was auch für Computerspiele gilt: Sie machen friedfertige Menschen nicht zu Gewalttätern. Hätte von Trier„Dogville“ nie produziert, hätte Breivik einen anderen Film als Inspirationsquelle angegeben. Das hätte nichts geändert. Von Trier sollte sich nicht schlecht fühlen und auch nichts bereuen.
Unabhängig davon wäre es zwar schön, weniger Gewalt in den Medien zu sehen. Aber es wäre schlimm, wenn Künstler sich in Zukunft nicht mehr trauen würden, Gewalt in ihren Werken darzustellen. Denn Gewalt ist leider ein gesellschaftliches Problem, und deshalb müssen Künstler sie thematisieren. Das künftig aus Angst vor einem möglichen Einfluss auf potenzielle Gewalttäter nicht mehr zu tun, käme einer Selbstzensur gleich.