Klartext: Das Ende der Kreidezeit

Seit ein paar Monaten werden verstärkt interaktive Schultafeln in Berliner Klassenzimmern installiert. Und mit ihnen eine Reihe Geräte, die man für die Bedienung braucht. Kritiker verurteilen das Projekt als massive Geldverschwendung und verweisen auf Lehrer, die mit den Tafeln ohnehin überfordert wären. Was denken die Jugendreporter?


von Fritz Schumann und Vivian Yurdakul, beide 20 Jahre


Fritz Schumann: „Schulen müssen modern sein und auf die Zukunft vorbereiten.“ Foto: privat

PRO: Schulen konkurrieren täglich um die Aufmerksamkeit von Jugendlichen, die alle Internet, Spielekonsole und Fernseher zu Hause haben. Kreidestriche auf einer schwarzen Tafel werden da schnell langweilig für Augen, die Monitore mit schnellen Bildraten gewöhnt sind.


Dass Schulen ihre technische Ausrüstung erweitern und sich elektronische Tafeln anschaffen, ist absolut angebracht. Sie ersetzen die Kreidetafeln ja auch nicht komplett, sondern bieten nur ein zusätzliches Angebot. Die Kritik, viele Lehrer wüssten sowieso nicht, wie man so etwas bedient, gilt nicht: Auch Lehrer müssen mit der Zeit gehen und sich die neue Technik aneignen. Sonst können sie auch ihre Schüler nicht auf eine Welt vorbereiten, in der vom Spielzeug bis zur Kaffeemaschine alles hoch technologisiert ist.


Bildung ist kein Business. Investitionen an Schulen müssen keine Profite abwerfen, sondern sind nötige Ausgaben, um sie moderner zu machen. Von der Abschaffung der Prügelstrafe bis zur Einführung von Computern in den Klassenzimmern gab es immer Menschen, die neuen Entwicklungen skeptisch entgegen sahen. Verhindern konnten sie sie zum Glück nie.








Vivian Yurdakul: „Interaktive Tafeln, aber Lehrbücher von vor dem Mauerfall? Nein!“ Foto: privat

CONTRA: Zugegeben, die neue Hightech-Tafel ist cool. Ihr Verhältnis zur herkömmlichen Tafel ist ein ähnliches wie das des iPad zur Zeitung oder des eBook zum Buch: Ein neues Medium löst ein vermeintlich überkommenes Medium ab, weil es die gleichen Inhalte moderner darstellt. Und genau da liegt das Problem: Die elektronische Tafel ist modern, mehr aber auch nicht. Sie hat keinen pädagogischen Mehrwert gegenüber der althergebrachten Tafel. Niemand kann sagen, dass Schüler mit einer elektronischen Tafel besser lernen würden als mit einer herkömmlichen.


Der einzige Nutzen dieser Modernisierung ist es, den Klassenzimmern das richtige Erscheinungsbild für das digitale Zeitalter zu geben. Und zu diesem Nutzen stehen die Kosten, die die neuen Tafeln verursachen, in keinem Verhältnis. Während die alte Tafel einmal angeschafft nichts mehr kostet, wenn man von der Kreide absieht, die von Zeit zu Zeit nachgekauft werden muss, brauchen die elektronische Tafel und die dazugehörigen Geräte Strom, müssen gewartet und instandgehalten und Verschleißteile müssen ausgetauscht werden. Kurzum: Die Summen, die die neuen Tafeln verschlingen, sind für sich genommen schon hoch, vor allem aber sind sie unverhältnismäßig. Denn in den gleichen Schulen, in denen elektronische Tafeln installiert werden, wird teilweise mit veralteten Büchern aus der Zeit vor dem Mauerfall unterrichtet, weil für neue nicht genügend Geld übrig ist.

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Kategorien Politik

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