Prominente Frage: Dr. Motte


Dr. Motte ist Techno-DJ und Gründer der Loveparade. Foto: Yves Borgwardt


Dr. Motte fragt die Jugendredaktion: „Brauchen wir in Deutschland eine neue außerparlamentarische Bewegung, um Strömungen und Proteste darin lobbyhaft zu bündeln?“


Die Jugendredaktion antwortet: Niedrige Wahlbeteiligung, Bundestagsdebatten vor leeren Zuschauerrängen, stetig sinkende Mitgliederzahlen bei den etablierten Parteien – uns Deutschen wird eine flächendeckende Politikverdrossenheit vorgeworfen.


Dabei stimmt es nicht, dass wir keine Lust mehr haben, an politischen Entscheidungen mitzuwirken. Das sieht man etwa bei Bürgerprotesten gegen den Transport von Atommüll oder bei den Initiativen gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21.


In Deutschland herrscht keine Politikverdrossenheit, sondern Parteienverdrossenheit. Denn in den festgefahrenen Strukturen einer Partei erscheint es dem einfachen Mitglied unmöglich, Entscheidungen beeinflussen zu können. Dazu kommt, dass die derzeitigen Regierungsparteien sich nicht gerade um Bürgernähe bemühen.


So wurde die Entscheidung zum Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofes getroffen, ohne dass die Bürger mitreden konnten. Nach einem solchen Vorgehen dürfen sich Politiker über heftige Proteste nicht wundern. Die Empörung der Stuttgarter Bürger ist gut nachzuempfinden. Sieht man sich die zahlreichen Anti-Atomkraft-Demos und das Revival des „Atomkraft, nein danke“-Buttons an, so scheint auch in diesem Punkt der Wille des Volkes nur wenig Beachtung in der Politik zu finden. Da sich die Parteien immer weiter von dem Willen der Bürger entfernen, müssen wir uns neue Möglichkeiten suchen, Politik zu beeinflussen. Eine außerparlamentarische Opposition scheint da ein durchaus geeignetes Mittel zu sein. Natürlich muss sich auch eine solche ganz klar zu den demokratischen Grundwerten bekennen.


Dass außerparlamentarische Bewegungen erfolgreich sein können, sah man zuletzt bei den Protesten gegen das Zugangserschwerungsgesetz. Das Gesetz stieß bei Juristen und Datenschützern auf Widerstand. Sie stellten fest, dass es einen Zweck, die Bekämpfung von Kinderpornografie, nicht erfülle, dafür aber zur Zensur missbraucht werden könne. Dieser berechtigten Kritik konnte sich die Regierung nicht verschließen. Eine Petition, die von 134 000 Menschen unterzeichnet wurde, brachte die Bundesregierung zumindest vorläufig dazu, Teile des Gesetzes nicht anzuwenden. Dieses Beispiel sollte uns ermutigen, unsere Bürgerinteressen in Zukunft verstärkt in einer außerparlamentarischen Bewegung zu organisieren, wenn die Parteien wieder einmal nicht zuhören wollen.


Ihr Leo Gergs, 19 Jahre

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Kategorien Politik

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