Oralverkehr mit Gummi?

Ralph Ehrlich ist HIV-positiv und redet in Schulklassen über HIV/Aids für die Berliner Aids-Hilfe e.V. (Foto: privat)

Am Mittwoch ist Welt-Aids-Tag. Und heute räumen wir schon einmal Unklarheiten in Bezug auf HIV aus


Herr Ehrlich, die meisten denken ja, dass sie alles über HIV und Aids wissen. Aber bei einigen Fragen ist man sich dann oft doch nicht so sicher. Lassen Sie uns einmal ein paar dieser vermeintlich blöden Fragen stellen. Wie ist das zum Beispiel beim Oralverkehr? Muss man das wirklich mit Kondom machen?

Oralverkehr ohne Kondom gilt grundsätzlich als vertretbar, solange das Sperma nicht geschluckt wird. Die Ansteckung über den so genannten Lusttropfen, der schon vor dem Samenerguss austreten kann, ist eher unwahrscheinlich, da die Anzahl der Viren in der Flüssigkeit sehr hoch sein müsste, um zu einer Übertragung zu führen. Außerdem würde die Ansteckung eine offene Wunde im Mund voraussetzen. Sicherlich bleibt ein Risiko, doch die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung über Oralverkehr ist eher gering. Das gleiche gilt übrigens auch für den Oralverkehr bei der Frau. Die Scheidenflüssigkeit kann nur zu einer Infektion führen, wenn sie auf eine offene Wunde trifft.


Gilt das dann auch für Geschlechtsverkehr? Ist der Sex sicher, solange es nicht zum Samenerguss in der Frau kommt?

Die meisten Menschen, die diese Art von Verhütung praktizieren, behaupten von sich, sie hätten die völlige Kontrolle über ihren Körper. Aber wer kann das schon so genau steuern? Das Risiko besteht also, dass die Spermien doch in das Geschlechtsteil des Partners gelangen. Und wenn es zu spät ist, dann ist es zu spät. Der so genannte „Coitus interruptus“, also der unterbrochene Geschlechtsverkehr, ist so gefährlich wie Sex ohne Kondom.


Und wie sieht das beim Petting aus? Kann man durch Spermien an der Hand und am Geschlechtsteil angesteckt werden?

Es kann nur zu einer Übertragung kommen, wenn offene Wunden an den Händen oder dem Geschlechtsteil vorhanden sind. Außerdem stirbt der Virus nach einer gewissen Zeit an der Luft ab, sodass große Mengen schnell in die Wunde eingeführt werden müssten, um eine Infektion hervorzurufen.


Viele denken auch, dass Speichel zu einer Infektion führen kann.

Unumstritten ist Spucke auch ein Überträgerstoff. Nur die Menge, die es braucht, um jemanden anzustecken, ist sehr groß. Es sind ganze zehn Liter. Beim Küssen braucht man also keine Angst zu haben.


Apropos Angst: Für unsere Generation gehört die Angst vor Aids zum Sex dazu. All diese Bedenken und die Vorkehrungen können einem ja schon die Lust verderben, oder?

Durch meine Erfahrung bei Schulbesuchen kann ich sicher sagen, dass sexuelle Kontakte trotzdem stattfinden. Wichtig ist die Kommunikation. So wie man sich über die Lieblingsband und andere Interessen austauscht, muss auch die Frage nach früheren Geschlechtspartnern geklärt werden. Wenn geringste Zweifel bestehen, sollte man einen HIV-Test machen lassen. Die Angst ist nachvollziehbar, doch wenn man sich gut informiert, wird Sex wieder zu dem, was er sein soll.


Interview: Marie Röder, 17 Jahre


Ein weiteres Interview zum Thema Angst vor HIV und Aids gibt es hier. Die Telefonberatung der Berliner Aids-Hilfe kann man täglich von 12 bis 22 Uhr in Anspruch nehmen: Tel. 19411.


Mehr Infos im Internet unter 
www.berlin-aidshilfe.de

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Kategorien Politik

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