Prominent gefragt: Hans Werner Olm

Hans Werner Olm fragt die Jugendredaktion: „Liebe Heranwachsende! Warum stellt ihr euren ganzen privaten Müll ins Internet? Ist das nicht auch eine Form von digitaler Umweltverschmutzung? Warum müsst ihr eure schönsten Geheimnisse preisgeben, wo ihr doch wisst, dass der ganze Kram eh keinen interessiert, außer den Verfassungsschutz, euren Arbeitgeber in spe, euren Kreditgeber bei der Bank oder auch andere für euch später mal wichtige Behörden?“


Hans Werner Olm ist Kabarettist und ab morgen mit „Vorspiel“ zu Gast in den Wühlmäusen. Foto: Büro Hans Werner Olm

Die Jugendredaktion antwortet: Lieber Herr Olm, wenn ich im Internet auf Fotos von mehr oder minder hübschen Altersgenossinnen stoße, die sich für jeden beliebigen Nutzer freizügig im Bikini präsentieren, oder Aufnahmen von alkoholhaltigen Exzessen und deren Folgen entdecke, stelle ich mir immer dieselbe Frage wie Sie. Warum behalten wir unsere Peinlichkeiten nicht für uns?
Es ist unbestritten, dass Facebook, MySpace und Co. für Jugendliche zentrale Punkte des Lebens sind. Wer nicht online ist, gerät ganz unbeabsichtigt ins Abseits, denn er erfährt nicht vom Datum der nächsten Party und sieht nicht die neuesten Fotos seiner Freunde. In den sozialen Netzwerken kann man mit Leuten kommunizieren, die man vor Jahren im Urlaub oder beim Auslandsaufenthalt in Neuseeland kennengelernt hat. Ohne Facebook würden diese Kontakte heutzutage schnell verloren gehen.


Kontaktpflege ist die eine Sache, die gigantische Selbstinszenierung eine andere. Aber offensichtlich lässt sich das eine vom anderen nicht trennen. Wessen Profil zu geheimnisvoll bleibt, gehört nicht richtig dazu. Entweder mitmachen oder eben nicht. In den Netzwerken geht es darum, sich darzustellen. An die Personalchefs denkt man dabei erst einmal nicht. Man baut sich sein eigenes virtuelles Leben und Image auf, mit allem, was dazugehören muss. Dass dabei viele von uns über ihr Ziel hinausschießen und zu private oder gar abstoßende Dinge ins Netz stellen, ist vielleicht eine Altersfrage. Auch Imagepflege muss geübt werden.


Viele Jugendliche denken, dass sich Akzeptanz nur erreichen lässt, wenn man cool, hart oder abgeklärt erscheint. Diese Vermutung führt zu der typischen Gruppendynamik unter Teenagern, die sich zu einem Gruppenzwang hochschaukelt. Und schon geben alle im Netz ihre, wie Sie sagen, schönsten Geheimnisse preis. Und gehört in Folge dazu, als Belohnung.


Natürlich kann das schlimme Konsequenzen haben. Und das Problem ist, dass man sich dieser erst im Laufe der Zeit bewusst wird. Was aber einmal im Internet ist, bekommt man nicht so leicht wieder heraus und ist für alle Zeiten öffentlich – zugänglich für Personalchefs, Kreditgeber und den Rest der Welt. Viele von uns stellen Ihren privaten Müll also nicht wie Sie vermuten trotz dieses Wissens ins Netz, sondern weil sie es eben nicht wissen. Und bei noch einer Sache irren Sie sich: Dieser ganze scheinbar belanglose Kram unserer Freunde interessiert uns tatsächlich – peinlich, peinlich – über alle Maßen.


Ihre Lisa Opolka (15 Jahre)

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Kategorien Politik

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