Szene aus "Tall Girl"
Jodi verguckt sich in den schwedischen Austauschschüler, aber – Spoiler – mehr auch nicht.

„Tall Girl“ schießt nicht hoch hinaus

Die neue Netflix-Eigenproduktion handelt von einem groß gewachsenen Mädchen, das täglich gemobbt wird. Das Thema hat Potential, doch der Film wirkt unauthentisch.

Die neue Netflix-Eigenproduktion „Tall Girl“ (dt. Titel: „Wie Jodi über sich hinauswuchs“) präsentiert dem Zuschauer so ziemlich alles, was eine amerikanische Highschool-Komödie bieten kann – alles, außer Inhalt. Der Titel lässt erahnen, welche Thematik im Film eigentlich behandelt werden sollte, doch leider sorgen ein vorhersehbarer Erzählstrang und schlechte Recherche nur für ein oberflächliches Ankratzen.

Im Mittelpunkt steht die 16-jährige Jodi, die mit ihren jungen Jahren bereits größer als alle anderen Mitschüler ist. Dafür geht sie jeden Tag durch die Mobbinghölle und kriegt Sprüche zu hören wie: „Hey, du Giraffe“ und „Wie ist die Luft da oben?“. Aufgrund ihres fehlenden Selbstbewusstseins muss sie jeden Tag aufs Neue von ihrer besten Freundin Fareeda verteidigt werden. Als der attraktive und sehr große Austauschschüler Stig an Jodis Schule kommt, beginnt ein zähnefletschender Kampf um Liebe und Aufmerksamkeit. Zu Beginn des Filmes steht noch Jodis Körpergröße im Vordergrund. Der Zuschauer lernt ihre Eltern kennen, normal groß und unempathisch, sowie ihre bildschöne ältere Schwester, die regelmäßig an Misswahlen teilnimmt und auf alles cholerisch reagiert. Doch ziemlich schnell beginnt sich das Teenie-Gefühls-Karussell zu drehen und man findet sich wieder in einer klassischen Romanze. Der schwedische Austauschschüler übernimmt die Rolle des ahnungslosen und etwas dümmlichen Schulschwarms, der sich zunächst mit der allseits bekannten Dramaqueen einlässt. Mit dabei ist nicht nur Jodis beste Freundin, sondern auch ihr Kumpel aus Kindheitszeiten, der in sie verliebt und leider viel zu klein ist.

Größe der Protagonistin nur nebensächlich

Es wird gesungen, geknutscht und mit den Augen geklimpert. Die Größe der Protagonistin wird hin und wieder aufgegriffen, zum Beispiel, wenn sie nach einer Operation für eine Verkleinerung sucht. Doch einen wirklichen Eindruck von dem Leben eines großen Mädchens bekommt man nicht. Wieso passt Jodi beim Shoppen auf Anhieb jedes Kleidungsstück? Wieso stößt sie sich kein einziges Mal den Kopf an einer zu niedrig hängenden Lampe? Wieso hat sie keine Rückenprobleme, obwohl sie offensichtlich viel zu schnell viel zu viel gewachsen ist?

„Tall Girl“ fehlt es an Realität! Das vorhersehbare Ende macht es nicht besser. Jodi hält eine Rede auf dem Highschool-Ball und stellt klar, dass sie endlich so weit ist, sich selbst zu akzeptieren. Natürlich erkennt sie in ihrem jahrelangen Kumpel die große Liebe. Dass dieser eine Holzkiste zum Heraufklettern benötigt, um sie auf Augenhöhe küssen zu können, ist ein Lacher, verleiht dem Film aber keine Message. Schade! Das Grundthema hätte Potenzial gehabt.

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.