Nur noch eine Episode. Wirklich?
Nur noch eine Episode. Wirklich?

Nach einer Folge Netflix ist niemals Schluss

Seien wir mal ehrlich: Auch Netflix-Sucht ist eine Sucht. In Indien wird gerade ein 26-Jähriger deshalb behandelt.

„Are you still watching… ?“, steht auf dem dunklen Bildschirm, in dem sich mein doppelkinnig erscheinendes Gesicht spiegelt. Dieser Anblick gibt mir ehrlich gesagt auch nach sechs Folgen meiner Lieblingsserie am Stück nicht wirklich zu denken, ob es nicht an der Zeit wäre, Netflix zu schließen und stattdessen einen Spaziergang zu machen.

„Binge-Watching“ oder „suchten“ sind im Sprachgebrauch unserer Generation zu alltäglichen Begriffen geworden. Aber warum scherzen wir über unseren Kontrollverlust, wenn es ums Seriengucken oder Computerspielen geht, während uns Binge-Eating – unkontrolliertes Fressen – oder Binge-Drinking aka Komasaufen abschrecken?

Er schaute sechs bis sieben Stunden Netflix, jeden Tag – mehr als 180 Tage lang

Dass zwanghaftes Serienschauen
ebenso besorgniserregend sein sollte wie anderes Suchtverhalten, bewies in der vergangenen Woche ein Bericht über den ersten Fall von Netflix-Sucht, der in einer indischen Klinik behandelt wird. Ein 26-Jähriger hatte sich über sechs Monate hinweg mit täglich sechs bis sieben Stunden Netflix von seinen Karrieresorgen abgelenkt. Abseits körperlicher Symptome wie der Überlastung der Augen und Übermüdung hatte das für den jungen Mann vor allem psychische Folgen. „Er war nicht in der Lage, irgendeine Form von Selbstkontrolle auszuüben“, hieß es in der indischen Tageszeitung „The Hindu“.

Solcherlei Verdrängungsmechanismen sind grundsätzlich keine Seltenheit, verlockend bei Problemen mit den Eltern, Partnern, Freunden, in der Uni oder Schule. Das große Angebot verschiedener Streaming-Dienste macht es uns dazu immer leichter, mit einem Serien-Marathon der Realität zu entfliehen.
Gerade jetzt, in der kalten Jahreszeit, liegt der Klick auf das scharlachrote N sehr nahe. Dagegen ist nichts einzuwenden. Dennoch sollten wir erwachsen genug sein, um unser Verhalten zu reflektieren. Serien als Zeitvertreib? Auf jeden Fall! Serien als Eskapismus? Lieber nicht!

Beitragsbild: Nicolas – stock.adobe.com

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Kategorien Film & Fernsehen Lifestyle Medien Spreewild

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