Sängerin Lina Maly
Sie weiß nicht, warum, aber ihre Songs schreibt die Wahlberlinerin am liebsten nachts.
Interview

Lina Maly: „Wir sind zu sehr auf Fake aus“

Die junge Sängerin Lina Maly gibt sich nach außen tough, zeigt im Interview aber auch Schwäche und Verletzlichkeit. Gleichzeitig kritisiert die 22-Jährige, dass unsere Gesellschaft ihr wahres Ich prinzipiell hinter einer Maske verstecken würde.

Einige deiner Lieder klingen sehr melancholisch. Bist du eine sehr nachdenkliche Person?
Ich liebe auf jeden Fall die Melancholie, vor allem, wenn ich alleine bin. Da kommt das dann hoch. Nachdenklich bin ich, glaube ich, nicht mehr, als andere Menschen auch.

Also kannst du auch an einem so sonnigen Tag wie heute der Melancholie frönen und Texte schreiben?
Die einzige Voraussetzung zum Texte schreiben ist für mich, dass ich alleine bin oder mich alleine fühle. Das hier würde mich jetzt allerdings nicht so inspirieren. (Anm. der Red.: zeigt auf den sonnenbeschienen Hof der Kulturbrauerei) Ich weiß nicht warum, aber ich schreibe auch lieber nachts.

Ein zentrales Thema deiner Lieder ist das Phänomen, dass sich Menschen häufig hinter Fassaden, Masken, Filtern verstecken. Warum ist das so?
Ich habe so das Gefühl, dass alle verschiedene Masken aufsetzen. Und das nervt mich super doll. Da kann man ja gar nicht mehr in die Gesellschaft passen, weil wir so auf fake sein aus sind.

Das könnte man ja auch auf Social Media zurückführen. Wie stehst du selbst zu Instagram?
Ich benutze das ja selber. Aber eigentlich aus professionellen Gründen. Ich freue mich, wenn ich einen Tag habe, an dem ich nicht auf Instagram war. Und das ist leider selten. Ich finde auch krass, wie abhängig man sich dadurch macht. Von manchen Freunden habe ich nicht einmal die Handynummer, weil ich nur über Instagram mit denen schreibe. Und alles dort ist dann wieder so ungefiltert. Manchmal kontaktieren mich darüber fremde Leute und das ist alles so inhaltslos, was die da schreiben.

Ihr neues Album „Könnten Augen alles sehen“ erscheint am 2. August

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Also beantwortest du nicht alle Direktnachrichten auf Instagram?
Doch, das versuche ich schon. Es sind ja nicht so viele, ich bin ja kein Superstar.

Wie bist du denn überhaupt zur Musik gekommen?
Ich habe meinem Bruder immer nachgeeifert. Wir beide haben im Kindesalter Klavier gespielt und als ich Teenie war, habe ich von ihm Gitarre gelernt. Wir haben dann viel zusammen gesungen und gecovert und in der elften Klasse habe ich mich für das Musikprofil entschieden. Mit meiner Klasse stand ich dann öfter auf der Bühne, weil wir kleine Musicals veranstaltet haben. Dabei habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir das macht, mit anderen Leuten etwas zu kreieren, Schöpfer zu sein.

Also war es nicht schon immer dein Traum, Musikerin zu werden?
Nein, ich bin dem nicht wirklich hinterhergelaufen. Das ist mir eher so zugefallen. Ich hatte sehr viel Glück auf meinem Weg und habe Menschen getroffen, die etwas in mir gesehen haben, was ich selbst gar nicht in mir gesehen habe (lacht).

Was würdest du jetzt wohl machen, wenn du nicht Sängerin wärst?
Verschiedenes! Ich kann mir vorstellen, dass ich Masseurin wäre oder bildende Künstlerin. Vielleicht würde ich auch eine Ausbildung zur Tischlerin machen.

Gibt es Künstlerinnen und Künstler, die dich inspirieren?
Ja. Wer mich aber am meisten inspiriert, sind meine Freunde. Geschehnisse, die die durchleben, verpacke ich oft auch in Songs. Ich habe zum Beispiel mal einen Liebeskummer-Song für eine Freundin geschrieben, obwohl ich selbst gar keinen hatte (lacht).

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Wieso bist du von Elmshorn (bei Hamburg) nach Berlin gezogen?
Nach der Schule dachte ich, wenn ich jetzt nicht wegziehe, bleibe ich für immer in Hamburg. Aber ehrlich gesagt lag das auch an einer guten Freundin von mir, mit der ich unbedingt zusammenziehen wollte. Sie wurde hier in Berlin an ihrer Traumschule angenommen und so sind wir hergekommen. Es hätte auch Köln werden können. Aber mittlerweile bin ich ganz froh, hier zu sein, weil die Musikszene hier so gut ist.

Gibt es trotzdem Dinge, die du an Hamburg vermisst?
Das Meer und die norddeutsche Art. (längere Pause) Ja und meine Familie natürlich auch (lacht verlegen).

Du interessierst dich für Feminismus. Gehst du in deinen Songs darauf ein?
Das ist ja kein Thema, sondern eine Einstellung, die ich habe. Ich glaube, das schlägt sich in einigen Texten von mir nieder. Auf dem ganzen Album geht es ja darum, dass ich mich von gewissen Dingen oder toxischen Beziehungen trenne. Das als Frau ist ja auch schon auf eine Art feministisch (lacht). Feminismus ist nichts, was ich gezielt anwende, ich wüsste gar nicht, was ich in einem feministischen Text schreiben sollte (lacht auf).

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Wo wird dir persönlich denn bewusst, wie wichtig Feminismus ist?
Überall, die ganze Zeit, immer. Wenn ich nachts durch die Gegend laufe, fühle ich mich nicht sicher. Ich wurde auch schon sexuell belästigt. Aber auch allein in der Musikbranche ist es so schrecklich, wie die meisten Führungspositionen in Verlagen und Labels immer noch von Männern besetzt sind. Aber es gibt ja auch sexistische Frauen. Die zu bekehren, das ist so ein Ansporn, den ich habe.

Hast du einen Tipp für junge Frauen oder Mädchen, die sich in einer Welt, die von Männern für Männer gemacht ist, behaupten müssen?
Es ist wirklich hilfreich, sich mit seinen Mitmenschen ehrlich zu unterhalten. Kommunikation ist das Wichtigste! Ich habe zum Beispiel mal mit einer Frau gesprochen, die sich total unwohl mit ihrem eigenen Manager gefühlt hat und das ist ihr selbst erst bewusst geworden, dass sie mit mir darüber gesprochen hat. Man braucht einfach jemanden, dem man sich anvertrauen kann.

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Kategorien Instagram Musik

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