Interview

Isolation Berlin: „Es ist das beste Album, das auf dem Markt ist“

Die Trostlosigkeit habe Isolation Berlin zusammengeführt. Freitag erscheint ihr neues Album „Vergifte dich“. Wir haben die Berliner Band getroffen.

Interview: Viktoria Koch, 21 Jahre

Wenn du mich suchst am Pfandflaschenautomat, da hol ich mir zurück, was mir gehört … Kartenhaus aus Serotonin – mitten in Berlin träume ich von Wien“: Mit diesen Worten lassen Isolation Berlin ihr neues, zweites Studioalbum „Vergifte dich“ beginnen, das am Freitag erscheint. Die junge Berliner Rockband nimmt uns mit auf eine Reise zu den Problemen unserer Zeit. Wie die Platte entstanden ist, darüber sprachen wir mit Tobias (Gesang und Gitarre), David (Bass) und Max (Gitarre, Orgel).

Euch gibt es schon seit 2012 – aber damals noch in anderer Besetzung.
Tobi: Richtig, ursprünglich waren da nur Max, ich und Gabriela. Zu dieser Zeit ist auch der Song „Vergifte dich“ entstanden. Seitdem haben wir nach den richtigen Musikern gesucht, die diesen Song spielen können. Jetzt hat’s endlich geklappt, nach all den Jahren.

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Wie kam es damals zur Bandgründung?
Tobi: Ich habe ganz lange in Garagenrockbands gespielt, wo es hauptsächlich um Werwölfe, Zombies und Grabsteine ging. Ich hatte einfach Lust, ein Projekt zu gründen, das irgendwie offener ist. Ich habe nach Leuten gesucht und Max getroffen. Anfangs haben wir Songs gecovert, die wir gut finden. Na ja, und jetzt sitzen wir hier.

Ihr packt positive wie negative Gefühle in eure Liedtexte, die durch prägnante Aussagen hervorstechen. Wie macht ihr das?
Tobi: Mit viel Geduld. Wenn ich lese, Filme schaue und mit Leuten spreche, bin ich immer auf der Suche nach Sätzen, die mir gefallen, die etwas auf den Punkt bringen mit wenig Worten. Wir haben uns beigebracht, nicht zu schnell zufrieden zu sein. Manche Songs entstehen über Jahre.

Das heißt, eure Songs verändern sich auch ständig, bis sie wirklich fertig sind?
Tobi: Meist fängt es mit einem Satz oder einem Gefühl an. Nicht selten kommt der Satz, der am Anfang stand, am Ende gar nicht mehr vor. Dann warte ich und zum Schluss ist es ein Riesenskript. Das reduziere ich dann wieder auf das Wichtigste.

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Wer hört euch?
David: Leute mit bunten Ray-Bans und Dreiviertel-Hosen.
Tobi: Zum Glück haben wir keine typischen Fans. Wir kennen unsere Hörerschaft ja mittlerweile durch die Touren ganz gut – und da gibt es echt alles. Das ist wirklich eine Altersspanne von 15 bis 85.
(Max lacht)
Tobi zu Max: Denkst du ans -Publikum, wenn du schreibst?
Max: Nein, das sollte man, glaube ich, auch nicht. Nur über 60.
Tobi: In den Texten geht es immer um eine Situation zwischen zwei Menschen, die auch im Vordergrund stehen.

Was sollen eure Songs bezwecken? Wollt ihr helfen?
Tobi: Eher nicht.
David: Da habe ich noch nie dran gedacht.
Tobi: Ist schön, wenn’s passiert. Ich glaube nicht, dass ich so herum arbeiten könnte. Was schaffen, womit ich jemandem helfe – da muss ich ja wirklich jemanden im Kopf haben. Man kann nicht allgemein denken, da wird man ungenau. Es geht immer um die Situation.

Wie ist „Vergifte dich“ entstanden – nach Plan oder ohne Konzept?
Tobi: Wir gehen da nicht mit festen Songs ins Studio. Jeder trägt etwas bei. Wir spielen drauflos, von mir kommt der Text und dann schauen wir, was wir damit machen. Dabei beeinflussen sich die Songs durchaus auch gegenseitig.

Ihr behauptet, dass es euer bisher unpersönlichstes Album sei. Versucht ihr jetzt eine noch breitere Masse anzusprechen?
Max: Das war so eine Gegenreaktion, weil viele Künstler ihr Album immer als ihr persönliches Album verkaufen. Das verkauft sich eben gut. Immer der leidende Künstler. Er stolpert aus der Kneipe, irgendwer ist gestorben, und jetzt verarbeitet er die Erlebnisse. Jedes Album ist das persönlichste. Unsere Aussage ist also mit einem Augenzwinkern gemeint.
Max: Es war auch die Gegenreaktion zur Presse, die wir nach unserem ersten Album bekommen haben. Weil es immer hieß: Isolation Berlin machen traurige Herzschmerz-Songs. Die -Tagebucheinträge von Tobias B.

Das beste Argument, euer Album anzuhören?
Tobi: Es ist das beste, das momentan auf dem Markt ist!

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Euer Song „Wenn ich eins hasse, dann ist das mein Leben“ handelt von Verwirrung, Enttäuschung und dass einem alles zu viel ist. Glaubt ihr, dass das ein Problem des heutigen Zeit-alters oder einer bestimmten Altersgruppe ist?
Tobi: Ich glaube schon, dass das immer mehr wird. Wir sind mittlerweile einer unglaublichen Informationsflut ausgesetzt, die es früher nicht gab. Das ist schon überfordernd. Diese Unendlichkeit des Internets macht vielen Menschen sehr zu schaffen. Oder David, was sagst du dazu?
David: Vielleicht war diese Überforderung schon immer da, nur jetzt bekommt man das mehr mit. Weil jeder seine Überforderung in dieses Überforderungsmedium hineingibt und das überfordert dann wiederum andere.

Ihr seid Berliner. Habt ihr jemals daran gedacht, die Stadt zu verlassen?
Max: Mich nervt nur, dass alles schließt und dass es bald keine Musikszene mehr gibt. Jetzt macht auch das Bassy dicht. Es gibt bald keine Clubs mehr, in denen kleine Bands spielen können. Das macht mich -wütend!
Ihr würdet deshalb aber nicht überlegen, in eine andere Stadt zu gehen?
Tobi: Nicht in nächster Zukunft.
David: Wohin?!

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Kategorien Interview Kultur Musik

Schreiben, Fotografieren und Reisen – das habe ich schon von Kindestagen an am liebsten getan. Als ich fünf Jahre alt war, begann ich mit dem Schreiben von Tagebüchern (mehr oder weniger leicht zu entziffern) und fotografierte damals mit einer kleinen Kamera alles, was mir so vor die Linse kam (mehr oder weniger unscharf). Heute bin ich 22 Jahre alt, studiere Journalismus und schreibe am liebsten über Konzerte, Aktuelles oder führe Interviews. Reiselustig bin ich noch immer – die Liste der Urlaubsziele für die nächsten Jahre ist endlos...