Auf der großen Bühne größer gedacht: Theatertreffen der Jugend beginnt

Am Freitag beginnt das Theatertreffen der Jugend. Das Ausbrechen aus gesellschaftlichen Normen steht bei den Aufführungen der teilnehmenden Theatergruppen im Mittelpunkt.

Von Mirjam Koch, 24 Jahre

Eine junge Frau klettert auf die Bühne, nervös lächelnd und sich räuspernd. Laut verkündet sie den Beginn des Stücks „Stören“: „Eine Frau betritt die Bühne“ – verlangt sie. Aber Baggy-Jeans und weites Karo-Hemd – das sind doch eigentlich Männerklamotten, nicht wahr? Das ist ja keine Frau, jedenfalls nicht so richtig, wie das verlangt wurde. Zu dick und unfit, um ohne Hilfe schnell auf die Bühne zu klettern. Auch nicht so Frau. Trägt Kopftuch. Nein, das war nicht bestellt. Dunkle Haut, dunkles Haar und die Augen sind irgendwie komisch geformt. Nein, komm jetzt, an so was hier hatten wir gedacht: groß, schlank, blond. Na bitte, eine Frau betritt die Bühne. Der Zuschauer merkt, dass an dieser Szene etwas ganz und gar nicht stimmt, aber irgendwie weiß jeder ja doch, was gemeint ist und was man selbst erwartet hatte als es hieß: eine Frau.

Genau um diese Selbstverständlichkeit, mit der wir einschränkende und gefährliche Erwartungen an das Äußerliche unserer Mitmenschen verinnerlicht haben, geht es in der Inszenierung des Maxim-Gorki-Theaters. Sechs junge Menschen berichten von ihren Erfahrungen mit den Konventionen des gesellschaftlichen Lebens, speziell vom Alltag des Frau-Seins – in welcher Form auch immer.

„Stören“ ist eines der acht Stücke, die zum Theatertreffen der Jugend, das dieses Jahr zum 37. Mal stattfindet, eingeladen wurden. Sie konnten sich im deutschlandweiten Wettbewerb gegen zahlreiche andere jugendliche Theatergruppen behaupten. Eine Jury aus Theaterpädagogen, Theaterlehrern und ehemaligen Teilnehmern des Wettbewerbs wählte die acht Gewinner aus. Dabei war ihnen die Persönlichkeit und Haltung der Schauspieler bei der Erarbeitung spezifisch jugendlicher Perspektiven wichtig.

Die acht Inszenierungen, einschließlich zweier Stücke von Berliner Ensembles, werden im Rahmen der Berliner Festspiele in der ersten Juni Woche im Haus der Berliner Festspiele aufgeführt.

Alle thematisieren sozialpolitische Themen. Besonders das Ausbrechen aus der Norm und der Widerstand gegen Erwartungen und Vorurteile sind präsent. So auch in „Sesperado – Revolution of Color“, ein Stück der Akademie der Autodidakten am Ballhaus Naunynstraße Berlin. Mit Übertreibung und Witz sowie poetisch-musikalischen Einlagen setzen sich die Charaktere mit Alltags-Rassismus auseinander, dem sie immer wieder begegnen, zwischen den ganz normalen Problemen der Jugend: Ausbildung, Beruf und verliebt sein. Allen voran Sesperado, die gemeinsam mit ihren Freunden Wege sucht, sich gegen die Diskriminierung des Andersaussehens in Deutschland zu wehren.

Für die Teilnehmer gehört auch ein Workshop-Programm dazu, denn besonders durch den Austausch der Gruppen untereinander wollen die Veranstalter die Nachwuchs-Theaterarbeit fördern.

Außerdem werden aufgeführt:

Bartleby – Zur Vermessung des Widerstandes vom KOM’MA Theater aus Duisburg
Blick nach vorn von der Theatergruppe Wunderbar aus Minden
das bin ich nicht von der Theater-AG der 12. Klasse der Waldorfschule Freiburg-Rieselfeld
KATZELMACHER vom Balljugend-Club aus Hannover
sag alles ab vom Piccolo Jugendclub aus Cottbus
TWAILAIT  von der EchtEinstein – Theater AG der Albert-Einstein-Schule Groß-Bieberau

Die Karten kosten zwischen 5 und 8 Euro und sind an der Abendkasse erhältlich. Nähere Informationen findet ihr hier.

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Kategorien Kultur Theater

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