Pippi Langstrumpf lebt heute bei ihrer Oma: Was uns die Leipziger Buchmesse über die Jugendliteratur von heute verrät

Wieder einmal hat sich die Leipziger Buchmesse übertroffen. Fast 208.000 Lesewürmer schlängelten sich durch die Gänge der fünf Messehallen. 1755 Aussteller. Mehr als eine Million Bücher. Es gab viel zu entdecken.

Mich zog es in die Jugendbuchabteilung, die mit einer eigenen Messebuchhandlung vertreten war, in der man in den Ansichtsexemplaren Schmökern und seine Favoriten gleich kaufen konnte. In den zwei gemütlichen Lesebuden konnten die müden Beine hochgelegt und Lesungen oder Autoren-Interviews gelauscht werden.

Alles nichts Neues

Wer mit offenen Augen und wachem Blick durch die schmalen Gassen zwischen den überladenen Ständen lief, der sah schnell, was die Jugend von heute scheinbar bevorzugt liest. Überall begegnen einem Fantasy-Reihen, die von Elfen, fremden Königreichen und vertrackten Liebesbeziehungen zwischen Zeitreisenden berichten. Die Themen erste Liebe, beste Freundschaft und komplizierte Familienverhältnisse finden sich in verschiedensten Aufmachungen in jedem Bücherregal wieder. Schauplätze sind dafür in der Regel Internate, langweilige Kleinstädte und Pferdehöfe.

Alles nichts Neues. Viele Klappentexte neuer Werke rufen Déjà-vus hervor. Vieles erinnert an alte Klassiker. Pippi Langstrumpf lebt heute bei ihrer Oma, die aufgrund ihrer Leidenschaft fürs Reisen eigentlich nie da ist. Die Titelheldin ist stark, unabhängig und neugierig und sorgt in der verschlafenen Vorstadt, in der sie Leben muss, für ordentlich Trubel. In acht von zehn Büchern findet sie dabei am Ende den Nachbarsjungen doch nicht mehr so nervig wie am Anfang der Geschichte. Die wilden Hühner und ihre wilde Bande haben mittlerweile magische Kräfte und besuchen die Zauberschule. Fünf Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die trotzdem eine tiefe Freundschaft verbindet. Statt J. K. Rowlings „Harry Potter“-Bänden sind nun ihre Werke „Magische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ sowie das Regiebuch zum Theaterstück: „Harry Potter und das verwunschene Kind“ zu finden. Für die Jungs finden sich vereinzelt Fußballromane und die Kids-Edition von „Die Drei ???“. Der große Hype um Biografien von Popsternchen und Filmidolen scheint vorbei. Ihre Plätze nehmen Bücher zu Filmen ein. Da stehen dann „Bibi und Tina“, „Warrior Cats“ und der mittlerweile elfte Teil der Comicbuchreihe „Gregs Tagebuch“. Einzig wirklich neu: Das Luther-Jahr 2017 hat einige Autoren dazu inspiriert, die Geschichte der Reformation jugendgerecht aufzuarbeiten. Doch wer wirklich nach neuen, fesselnden Geschichten suchte, der musste schon tief graben im Bücherturm.

Foto: Hendrik Schmidt/dpa

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Kategorien Kultur Literatur

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.