Orchestertreffen der Jugend

Mit der „Stummen Serenade“ sorgten die jungen Musiker der NJO Sinfonietta und der Dutch National Opera Academy für einen lustigen Abend. Foto: Mutesouvenir/Kai Bienert ( 2 )
Mit der „Stummen Serenade“ sorgten die jungen Musiker der NJO Sinfonietta und der Dutch National Opera Academy für einen lustigen Abend. Foto: Mutesouvenir/Kai Bienert ( 2 )

In der vergangenen Woche ging das Festival Young Euro Classic zu Ende

Von Aniko Schus terius , 18 Jahre

Es ist voll im Innenhof des Admiralspalasts. Zahlreiche Besucher drängen sich zu den Eingangstüren. Unter ihnen viele Jugendliche und Studenten. Das Konzert des heutigen Abends gibt nicht etwa ein bekannter Popstar oder eine Rockband. Dieser Abend gehört der NJO Sinfonietta und der Dutch National Opera Academy. Auf dem Festival Young Euro Classic, das in der vergangenen Woche zu Ende ging, traten die acht Musiker und elf Sänger mit Erich Wolfgang Korngolds Operette „Die stumme Serenade“ auf. Der durch Kompositionen von Filmmusik bekannte Österreicher gewann für seine Werke zwei Oscars und feierte große Erfolge in Hollywood. Ein Jahrhundert später wird seine mitreißende Liebesgeschichte mit kriminalistischen Zügen von Jugendlichen wieder aufgeführt.

Seit 2000 kommen jedes Jahr zahlreiche Jugendorchester aus der ganzen Welt in Berlin zusammen, um ihr Können zu beweisen und vor Publikum aufzutreten. Was klein begann, hat sich zu einem Höhepunkt in der Tourplanung vieler junger Orchester entwickelt. Schließlich geht es nicht nur um den Wettbewerb um den Europäischen Komponistenpreis, sondern auch darum, sich mit gleichgesinnten Musikern auszutauschen. Zum 15. Jubiläum in diesem Jahr trafen sich erneut einige der besten Jugendorchester der Welt und lockten insgesamt rund 30 000 Besucher in die Konzerte. Aufgrund der Umbauarbeiten des Konzerthauses bespielten die Orchester, Schauspielgruppen, Akademien und Ballette zwei Berliner Standorte. Unter dem Motto „Zwei Zeiten, zwei Orte, ein Festival“ fanden die Eröffnung sowie vier Konzerte bereits im Juni in der Philharmonie statt. Im August folgten nun zehn weitere Vorstellungen im Admiralspalast.

Beim Festival Young Euro Classic kommen jedes Jahr jugendliche Musiker aus der ganzen Welt in Berlin zusammen.
Beim Festival Young Euro Classic kommen jedes Jahr jugendliche Musiker aus der ganzen Welt in Berlin zusammen.

Ziel der Veranstaltung ist die Förderung junger musikalischer Talente. Außerdem steht für viele der Teilnehmer das Treffen selbst im Vordergrund. Klassische Musik gilt unter Jugendlichen nicht als sonderlich cool. Pink, Rihanna und Cro werden gegenüber Mozart, Bach und Händel bevorzugt. Geigenmusik und Klavierkompositionen werden als zu eintönig und langweilig abgestempelt.
Deshalb freuen sich viele junge Musiker, Gleichaltrige treffen zu können, die ihr Interesse teilen. „Künstlerische Begegnungen und Austausch zwischen Musikern verschiedener Länder oder gar Kulturkreise sind ein wesentlicher Bestandteil von Young Euro Classic“, sagt Gabriele Minz, Leiterin des Festivals.

Neben Konzerten konnten Besucher ein Publikumsfest, eine Ballettaufführung sowie einen Composer Slam besuchen. Die Agnas Brothers aus Schweden gestalteten sogar eine ganze Jazz-Nacht mit einem Schlagzeug, einer Gitarre, einem Kontrabass und einem Klavier. Die Newcomer traten bereits bei einigen Jazz-Festivals auf und erhielten für ihre herausragenden Leistungen Stipendien. Aktuell arbeiten sie an ihrem Album „Polygon“, das nach ihrem Plattendebüt 2012 ihre Fans mit weiteren Eigenkompositionen überzeugen soll. Klassik muss also nicht immer alt sein.

Einziges Problem: Obwohl sich das Festival nicht über niedrige Besucherzahlen beschweren kann, bleibt es unter Jugendlichen doch ein Geheimtipp. So sagte der Intendant der Deutschen Oper und Pate des Operetten-Abends Dietmar Schwarz in seiner Eröffnungsrede zwar: „Es ist schön, vor so einem vollen Haus zu stehen.“ Dass die Plätze, von denen auch einige frei geblieben waren, allerdings nicht nur von Jugendlichen, sondern auch von vielen interessierten Erwachsenen besetzt wurden, dürfte ihm nicht entgangen sein. Die Jugendlichen, die die Konzerte besuchten, waren zum großen Teil selbst sehr musikinteressiert. Man hätte sich gewünscht, dass auch mehr Jugendliche kommen, die nicht selbst ein klassisches Instrument spielen oder sich besonders für die Musikrichtung begeistern.

Zumal die Niederländer auf der Bühne für einen grandiosen Abend sorgten. Sie begeisterten das Publikum mit einer erstklassigen Orchesterleistung, sehr guter gesanglicher und schauspielerischer Leistung der Besetzung und einer Choreografie und Darstellung, die wirklich lustig war. Ganz wie in einem alten Hollywoodfilm ließen sie den Zuschauer teilhaben an der turbulenten und verstrickten Lösung des Kriminalfalls, der mit seinen überraschenden Wendungen das Publikum immer wieder zum Lachen brachte. In diesen zweieinhalb Stunden plagte sicher keinen der Anwesenden die Langeweile, sondern vielmehr die Frage, durch welche unmöglich scheinende Wende in der Handlung sich das Liebespaar am Ende doch noch glücklich in den Armen liegen
kann.

Definitiv wäre das auch für Jugendliche, die in ihrer Freizeit normalerweise nicht Beethoven hören, sehr sehenswert gewesen. Die Empfehlung für das nächste Jahr lautet deshalb: Einen Abend Popstars Popstars und Rockbands Rockbands sein lassen und dafür zum Young Euro Classic gehen. Es lohnt sich.

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.