Aufwachen zum Sound der Gartenschlauchtrompeten

 

Die Schulband des Arndt-Gymnasiums gab einen Musikworkshop für Kinder auf Madagaskar. Zwei Schüler berichten

 

Von Lennart Groscurth und Ole Sinell, beide 17 Jahre

 

Als wir über die holprige Lehmpiste in das Zentrum von Antseranantsoa fahren, fällt uns sofort ins Auge, welches Privileg dieser Ort für die Kinder sein muss, die hier leben. Das gepflegte Gelände mit sauberen Toiletten und fließendem Wasser, der Sportplatz und nicht zuletzt das Schlafhaus mit richtigen Betten und festem Dach über dem Kopf steht im Kontrast zum durchschnittlichen Lebensstandard auf Madagaskar. Gegründet wurde das Kinderwohnheim 2004 von dem deutschen Auswanderer Stefan Büschelberger. 70 Kindern aus Familien, die in den ländlichen Regionen um die Stadt Miarinarivo leben, bietet es eine Unterkunft. Da es auf dem Land kaum Schulen gibt, wäre es den Kindern sonst nicht möglich, jeden Tag den weiten Schulweg in die Stadt zu bewältigen. Kinder aus sehr armen Familien erhalten überdies kostenlose Verpflegung.

 

Die United Big Band Berlin unterstützt das Projekt seit Längerem mit Spenden. Schon einige Zeit wollten wir die Partnerschaft vertiefen. So

Das Konzert fand in Antseranantsoa statt. Foto: Maja Burggaller

kamen wir auf die Idee, für zwei Wochen nach Madagaskar zu reisen und einen Workshop mit den Kindern in Antseranantsoa zu veranstalten, bei dem wir gemeinsam Musik machten. Der Aufenthalt, den wir mit einer Rundreise durch den Inselstaat verbanden, auf der wir mehrere Konzerte gaben, war nicht nur in musikalischer Hinsicht ein Erlebnis, das wir nicht vergessen werden. Auch kulturell konnten wir neue Erfahrungen sammeln. Bei Konzerten in Deutschland werden wir vom Publikum normalerweise mit Applaus und der Forderung nach Zugaben verwöhnt. Anders auf Madagaskar, wo wir oft mit der Scheu des Publikums konfrontiert waren. Bei einem Konzert auf einem Schulhof hielten die Zuschauer zunächst einen Sicherheitsabstand von gut 20 Metern zu uns. Unsere Hautfarbe wirkte wohl einschüchternd. Glücklicherweise ist die Musik ein gutes Mittel, sich näher zu kommen. Gegen Ende des Konzerts war uns das inzwischen tanzende Publikum so nahe gerückt, dass wir kaum Platz zum Spielen hatten.

 

Der Mangel an Instrumenten macht erfinderisch. Aus einfachen Gartenschläuchen werden Schlauchtrompeten hergestellt. Foto: Maja Burggaller

Auch der Workshop, den wir für die Kinder in Antseranantsoa organisierten, hat uns bereichert. Da die meisten der Kinder kein Instrument besitzen, zeigten wir ihnen, wie man aus einfachen Gartenschläuchen und Trichtern Schlauchtrompeten bauen kann, die wenig kosten und dennoch schöne Musik machen. Teilweise wurden wir schon um vier Uhr morgens von den Klängen der Kinder geweckt. Bei unseren Bandproben auf dem Sportplatz unter freiem Himmel, die auch hier zum Musikeralltag gehörten, standen immer etwa 20 Kinder um uns herum und sahen uns interessiert zu. Und wenn wir uns nach den langen Tagen abends zusammensetzten um Resümee zu ziehen, waren wir uns einig: Musik verbindet.

 

Die Autoren spielen in der United Big Band Berlin, die sich aus Schülern des Arndt-Gymnasiums zusammensetzt.

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Kategorien Kultur Musik

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