"Es ist gut, für eine Weile zu verschwinden"





Johannes Klaus reiste 410 Tage lang um die Welt, schrieb einen Blog darüber und wurde dafür mit dem Grimme-Online-Award 2011 ausgezeichnet. Foto: Privat


Der preisgekrönte Weltenbummler Johannes Klaus gibt Tipps für junge Leute mit Fernweh



Johannes, du bist entlang von Lavaströmen in Afrika spaziert, hast in einem Bunker an der armenischen Küste gelebt und im Irak Ukulele gespielt. Nach mehr als 400 Tagen in mehr als 40 Ländern bist du jetzt wieder in Deutschland – und komplett pleite. Wie lange hattest du für diese Reise gespart?

Ich wollte solange reisen, wie ich Geld und Lust hatte. Die Lust war noch da, aber nach gut 400 Tagen war tatsächlich kein Geld mehr übrig. Zwei Jahre vor der Reise hatte ich recht sparsam gelebt und am Ende fast 12000 Euro angehäuft. Damit kann man sehr lange reisen, je nachdem, in welchen Ländern man unterwegs ist. In Gegenden wie Südostasien oder Teilen von Afrika kann man schon mit 20 US-Dollar am Tag auskommen.


Du musstest also nicht nach der Maxime „billig um jeden Preis“ reisen?

Ein spartanisches Leben war nicht notwendig, und ich habe mir auch immer mal wieder eine bessere Unterkunft geleistet. Mit Dusche. Und vielleicht sogar warmem Wasser.


Hattest du keine Skrupel, auf eine solange Reise zu gehen?

Ich hatte nie Zweifel daran, dass es gut ist, für eine Weile von der Bildfläche zu verschwinden. Ich glaube, dass Karriereplanung, lückenlose Lebensläufe, Zukunfts- und Verlustängste völlig überbewertet werden und gerade in der deutschen Kultur einen unglaublich hohen Stellenwert einnehmen. Angst haben ist die Lieblingsbeschäftigung des Deutschen.


Welche Ratschläge würdest du jungen Leuten auf den Weg mitgeben, die wie du die Welt entdecken wollen?

Eine Stange gesunder Menschenverstand hilft sehr, brenzlige Situationen zu erkennen und richtig zu reagieren. Das bedeutet auch, dass man nicht mit seinem Geld herumwedelt und immer ein paar Rücklagen in bar dabei hat. Doch weitaus wichtiger sind ein offener Kopf und ein offenes Herz. Recherchieren: ja; genaues Planen: nein. Man kann voller Vertrauen in die Welt hinausgehen, und es wird gut werden! Pläne, Termine, feste Flüge – dies alles schränkt ein und sperrt den Kopf in ein Korsett.


Wie findet man die Wege abseits der bekannten Touri-Routen?

Die besten Tipps bekommt man von anderen Reisenden, denn Reiseführer sind einseitig und veraltet. Doch den Leuten, die ich auf meinem Weg getroffen habe, konnte ich meist vertrauen.


Geht es jetzt bald wieder in den Urlaub oder ist dein Fernweh gestillt?

Gerade ist es gestillt, der Grimme-Preis hat mir manche Tür geöffnet, und ich freue mich auf die Zeit hier in Deutschland. Ich bezweifle aber stark, dass mich das Reisefieber in Zukunft verschonen wird.


Interview geführt von Fritz Schumann, 22 Jahre



Reiselust bekommen? Den Blog von Johannes findet ihr unter www.reisedepesche.de.

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