Uniformierte Individuen

Diana Weis ist Modesoziologin und Dozentin für Modetheorie. Foto: privat

Zur Langen Nacht der Wissenschaften spricht Modesoziologin Diana Weis über Jugendkulturen und ihre Moden


Frau Weis, am Wochenende findet die Lange Nacht der Wissenschaften statt. Mit Ihrem Vortrag „Fashioning the Self“ ist dort auch die Modebranche vertreten – ist Mode Wissenschaft?


Wissenschaft galt lange Zeit als klassische Männerdomäne, und Mode wird ja oft als Frauenangelegenheit abgespeist. Heute gibt es jedoch immer mehr akademische Veranstaltungen, die Aufschlüsse über die Bedeutung von Mode für Kultur, Gesellschaft und Individuen geben.


Es geht in Ihrem Vortrag um Jugendkulturen und ihre Moden. Warum ist das so interessant?


Heute ist es doch im Grunde Pflicht, ein Individuum zu sein. Durch den eigenen Style versucht man, sich Vorteile auf dem flexiblen Arbeitsmarkt zu schaffen oder auch den richtigen Partner zu finden. Es ist wie ein Kampf um knappe Ressourcen.


Das gilt aber für jedes Alter!


Jugendliche sind noch in der Selbstfindungsphase. Außerdem müssen sie den Drahtseilakt des Dazugehörens und des genau so wichtigen Abgrenzens durchmachen. Es ist also sehr viel spannender, jugendliche Modeszenen zu beobachten.


Finden Sie nicht, dass die heutigen Modeszenen weit weniger schockierend sind als modische Revolutionen wie etwa die der Hippies oder Punks?


Durch die vielen Medien und die liberalen Elternhäuser ist es tatsächlich schwerer, sich allein mit dem Aussehen abzugrenzen. Es fehlt an Sprengkraft in der heutigen Mode. Dennoch sind einige neue Phänomene wie die Emo- und die Mangaszene ein heftiger Kontrast.


Ist es nicht so, dass man sich mit dem Versuch, zu einem modischen Individuum zu werden, eigentlich uniformiert? Weil alle anderen genau dasselbe versuchen?


Individualismus ist dem modernen Menschen unheimlich wichtig. Mode schafft es im besten Fall, den Aspekt des Abhebens und der Uniform zu vereinen. In einer bestimmten Gruppe ist man zum Beispiel uniform, die Clique hebt sich aber insgesamt mit ihrem Style ab.


Das Gespräch führte Marie Sophie Röder, 18 Jahre


Der Vortrag „Fashioning the Self“ findet am Sonnabend, 28. Mai, um 18.45 Uhr in der AMD Akademie Mode & Design Berlin statt.

berlin.amdmag.de, www.lange-nachtderwissenschaften.de

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Kategorien Kultur Lifestyle

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