Lesung mit Lutschtabletten

Foto: Thinkstock

In Brandenburg treffen sich dichtende Jugendliche aus ganz Deutschland zu einer Schreibwerkstatt

 

Mareike Dottschadis, 19 Jahre

 

Du gestreifter Ziegenkäse! – im Feriencamp im brandenburgischen Wusterhausen wurde in der letzten Woche etwas origineller geflucht. Denn vom 31. Januar bis zum 5. Februar hatten sich hier dichtende Schüler aus ganz Deutschland einquartiert. Die „Spezi“ getaufte Schreibwerkstatt, ins Leben gerufen von dem Verein Schreibende Schüler, bietet jungen literarischen Talenten einmal im halben Jahr die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen.

 

Unter dem Motto „Menschen(s)kinder“ dachten sich die Teilnehmer diesmal unter anderem Flüche aus, bei denen einem die Eltern nicht den Mund verbieten können. Ansonsten wurde jedoch wenig geschimpft. Denn die Schriftstellerin Anne Voorhoeve war zu Gast. Bevor sie ihr Buch „Liverpool Street“ aufschlug, holte sie eine Packung Lutschtabletten aus der Tasche: „Die klebt man sich an den Gaumen“, sagt sie. Ein Geheimtipp „unter Kollegen“, so überstehe die Stimme lange Lesungen. Der Rat wird lachend angenommen. Obwohl die Zuhörer nicht halb so viel Erfahrung wie sie haben, werden auch sie am Ende der Woche eine Abschlusslesung mit ihren Texten füllen.

 

Die Teilnehmer schreiben thematisch quer Beet, erzählt die 18-jährige Margarita Iov. Über gruslige Nachbarn, Brüder, die sich auseinander gelebt haben und verrückte Väter. Derweil begeistern die Jüngeren sich auch für handfesten Horror, sagt Ulrike Erdmann, die eine der Schreibgruppen leitet. „In einem Text ist die Erzählerin in einem Keller gefangen, in einem anderen taucht sogar eine Kindermörderin auf.“

 

So blutig geht es bei Anne Voorhoeve nicht zu, obwohl sie in ihren Büchern ernste Themen wie den Nationalsozialismus bearbeitet. Während der Fragerunde im Anschluss an die Lesung antwortet sie auf die Frage, warum sie schreibe: „Wenn man eine Idee hat, an die man glaubt, dann muss man das machen“. Schreiben passiere bei ihr vor allem im Kopf. Das kann Margarita gut nachvollziehen. Sie liebe am „Spezi“ besonders das Diskutieren, habe hier gelernt, Kritik anzunehmen. Neben der geistigen Tätigkeit ist auch für Bewegung gesorgt: Bei Diskofox konnten sich die Teilnehmer für ihre Lesung am Freitag zum zweiten Motto des „Spezis“ inspirieren: „Tanz mit mir!“

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Kategorien Kultur Literatur

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