"Computerspielmusik ist genauso hochwertig wie Klassik"

Benyamin Nuss ist Pianist und Videospielfan und bringt den Soundtrack der Jugend in die traditionellen Konzerthäuser


Benyamin, du kommst gerade von einer Konzertreise aus Tokio zurück, wo du Musik aus dem Videospiel Final Fantasy des Komponisten Nobuo Uematsu gespielt hast, der seit fast 30 Jahren Musik für Computerspiele komponiert. Wie war’s?
Tokio war unglaublich! Die Konzerte waren komplett ausverkauft, es waren jeweils etwa 5 000 Leute im Saal. Das war eine ganz andere Dimension, und ich habe viel Erfahrung mitgenommen. Vor einem Konzert vor 5 000 Leuten ist man natürlich viel aufgeregter als vor 100 bis 200 Leuten.

Du begeisterst junge Leute für Klaviermusik, indem du ihren Soundtrack in die traditionellen Konzerthäuser bringst. Welches Computerspiel war für dich der Auslöser für die Idee?
Das erste Spiel, an das ich mich erinnern kann, war Tetris auf dem Gameboy. Aber richtig berührt hat mich Final Fantasy 10, das auch der beste Teil der Reihe für mich war. Die Geschichte von den beiden Protagonisten mit ihrer unglücklichen, fatalen Liebe ist so mitreißend und komplex erzählt. Und die Musik für das Spiel von den Komponisten um Uematsu ist perfekt!

Als angehender Pianist mit einem Hochbegabten-Stipendium musstest du aber doch sicher sehr viel üben, war da nebenbei noch Zeit zum Spielen?
Ich hatte mit sechs Jahren meinen ersten Klavierunterricht, habe aber schon vorher auf dem Klavier improvisiert und Melodien nachgespielt. Damals habe ich aber noch nicht so viel geübt wie jetzt, also gab es auch noch viel mehr Zeit, um Videospiele zu spielen.

Klassik und Konsole schließen sich nicht aus, hast du einmal gesagt.
Sowohl Computerspiel- als auch klassische Musik sind hochwertig und können den Zuhörer in ihren Bann ziehen. Schade trotzdem, dass viele Leute sich eine Meinung bilden und Musik aus Videospielen als Gedudel abtun, ohne es sich wirklich einmal anzuhören. Ich glaube, dass viele neue Entwicklungen erst einmal ihre Zeit brauchen. Strawinskis „Le Sacre du Printemps“ war ja auch nicht sofort ein Hit, und heute gilt es als eines der wichtigsten Stücke der Musikgeschichte.

Wenn du die Musik aus den Spielen nachspielst, siehst du die Protagonisten dann über die Tasten springen?
Das ist, glaube ich, so ein bisschen wie bei Star Wars. Hört man die Musik mal unabhängig von den Bildern, weiß man trotzdem direkt, worum es geht und hat automatisch die Bilder vor Augen. Bei Haydn, Mozart, Beethoven oder Chopin denkt man sich die Bilder, Stimmungen und Geschichten hingegen selbst aus.

Geht es nun weiter mit Videospielmusik oder Klassik? Oder lehnst du dich jetzt erstmal zurück und zockst?
Ich will beides machen, beides ist sehr wichtig für mich. Und ich will das Vorurteil abschaffen, dass es sich bei Videospielen immer nur um Gewalt handelt.

(Interview: Fritz Schumann, 20 Jahre)


Konzerttermin:

Benyamin Nuss spielt am Mittwoch, 24. November, 20 Uhr, in der Philharmonie Berlin.

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Kategorien Kultur

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