Melda Akbas lebt zwischen den Kulturen. Ihre Grenzgänge hat sie nun in einem Buch enthüllt
In ihrer Autobiografie „So wie ich will – ein Leben zwischen Moschee und Minirock“ spricht Melda Akbas über lebensnahe Integration, ihre Sicht auf den Islam und die schwierige Aufgabe, in einer deutschen Gesellschaft zu leben, ohne ihre türkischen Eltern zu schockieren. Wir treffen die 19-Jährige einen Tag nach ihrer ersten öffentlichen Lesung an einem verregneten Frühlingstag.
Melda, ein Tag nach deiner Feuertaufe als Autorin – wie fühlst du dich?
Ich kann die Dynamik des Erfolgs noch gar nicht glauben. Gestern Nacht war ich einen Augenblick lang der Überzeugung, dass alles ein Traum ist.
Aber es ist keiner, die Realität ist dir die ganze Zeit auf den Fersen – gerade hast du die letzten Abiprüfungen bestanden. Wie hast du es überhaupt geschafft, während des Lernens ein Buch zu schreiben?
Ehrlich gesagt, habe ich vom Abi nicht viel mitbekommen. Ich habe sogar die Fünfminutenpausen zum Schreiben genutzt. Die Arbeit an dem Buch war extrem intensiv, daneben ging die Schule unter.
Doch die Arbeit hat sich gelohnt. Gestern hat man dich als Personifikation der gelungenen Integration gefeiert.
Ich stehe keinesfalls stellvertretend für perfekte Integration. Zwar repräsentiere ich bestimmt eine Nuance einer heterogenen Masse aus Türken, Deutschen und Deutsch-Türken. Aber ich habe nur eine Möglichkeit aus vielen gewählt. Dieses überpolitisierte Wort ist kompliziert und zu weit vom Menschen entfernt. Integration ist eigentlich simpel: mitmachen und kommunizieren!
Leicht machst du es dir aber bei deinem Debüt nicht, du äußerst ziemlich kritische Ansichten gegenüber dem Islam. Und das, obwohl deine Eltern religiös sind, deine Mutter sogar Kopftuch trägt. Da sind Konflikte doch jetzt vorprogrammiert!
Natürlich waren meine Eltern überrascht, als sie mit dem Inhalt des Buches konfrontiert wurden. Darum habe ich auch lange gezweifelt, ob ich die Biografie überhaupt schreiben soll. Ich hatte aber mehr Streit erwartet. Meine Eltern haben mich immer unterstützt – übrigens auch in der Entscheidung, kein Kopftuch zu tragen. Außerdem habe ich mir die Freiheiten und die Verantwortung, die ich heute genießen darf, durch Arbeit und Engagement erkämpft. Mein Buch wirft jetzt jedoch neue Probleme auf, mit denen meine Familie und ich uns auseinandersetzen müssen. Denn sie haben entscheidende Details aus meinem Leben erst kurz vor der Veröffentlichung erfahren, etwa dass ich mein knappes Party-Outfit erst außerhalb ihrer Sichtweite anziehe.
Allein dein Mut, mit 19 Jahren ein solch brisantes Thema in einer Autobiografie zu verarbeiten, ist beeindruckend. Woher nimmst du das große Selbstvertrauen?
Natürlich habe ich wie jeder Mensch Ängste und Zweifel. Doch es überwiegt der Wille, etwas zu bewegen. Ich sehe mich als Medium einer Graustufe von Migrantenkindern, die oft übersehen werden. Außerdem will ich natürlich mir und der Welt beweisen, wozu ich imstande bin.
Das Interview führte Dara Spieß, 18 Jahre.