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Die AfD schafft sich ab – hoffentlich

Rassismus? Ja, Gottfried Curio, Weißer deutscher AfD-Politiker, hat Deniz Yücel Rassismus vorgeworfen. Und im Bundestag beantragt, Aussagen des vor wenigen Tagen aus der türkischen Haft entlassenen Journalisten zu „missbilligen“. Was man da machen kann außer den Kopf zu schütteln? Wir stellen einen Antrag auf Missbilligung der AfD.

Da war er wieder. Der beschämte, eiskalte Schauer. Ein Schauer, der mir über den Rücken läuft, wenn ich eine Debatte im Bundestag sehe und die Kamera zu einer Partei schwenkt, die dort noch nicht lange sitzt. Ein Schauer, der mir über den Rücken läuft, wenn mir ein Zitat von jemandem aus dieser Partei entgegengeschwirrt kommt, wie eine kleine fiese Hornisse. Dieser Schauer war wieder da – als die AfD ihren neuen Antrag stellte.

Da gab es einen Journalisten, der ein Jahr im Gefängnis verbrachte. Ja, er war nicht der einzige und wir kämpfen um jeden und jede, die noch in Haft sitzt. Aber er ist frei und das ist wundervoll. Und was tut die AfD? Sie hat nichts Besseres zu tun, als vom Bundestag zu verlangen, Aussagen von Deniz Yücel zu „missbilligen“. Bei den Aussagen handelt es sich um ironische Äußerungen aus einer Kolumne in der taz, die eine Reaktion auf Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ darstellte. Das Buch ist voll von rassistischen Aussagen. Laut Sarrazin stehe Deutschland quasi kurz vor dem Zerfall und zwar, weil alle „Zugewanderten“ schlecht sozialisiert und ungebildet seien und zu viele Kinder bekämen. Der Untergang des weißen deutschen Abendlandes sozusagen. Yücel parodierte dies, indem er meinte, er freue sich schon aufs „Deutschensterben“. Diese Aussagen empfand die AfD hingegen als „Rassismus pur“ und riet Yücel, seine deutsche Staatsbürgerschaft abzugeben.

Die AfD braucht einen Crashkurs mit dem Titel „Zusammenhänge in der Gesellschaft verstehen“.

Rassismus? Habe ich gerade richtig gehört und ein Weißer deutscher AfD-Politiker hat Deniz Yücel Rassismus vorgeworfen? Manchmal scheint es so, als wäre bei der AfD ein Crashkurs nötig mit dem Titel „Zusammenhänge in der Gesellschaft verstehen“. Ein ziemlich umfangreicher Crashkurs, um genau zu sein. So viel schonmal vorab: Sie, lieber Gottfried Curio sind nicht von Rassismus betroffen. Und wenn Deutschsein jetzt das sein soll, was Sie und Sarrazin, Gauland, Poggenburg und Weidel und alle anderen propagieren, dann möchte ich auch nicht mehr deutsch sein.

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Nun aber Frage in die Runde: Wer von euch hat es möglich gemacht, dass diese mit vermeintlichem Deutschsein aufgeplusterten Menschen im Bundestag sitzen und die Bühne haben, mit verletzenden und schlecht recherchierten Aussagen um sich zu werfen? Sechs von zehn AfD-Wähler*innen sind nicht von den Inhalten, sondern vom Protest überzeugt. Das ist bitter. Also besser, als wenn ihr von den Inhalten überzeugt wärt, liebe Menschen, aber ist euch keine bessere Protestform eingefallen? Wenn ihr enttäuscht seid und etwas verändern wollt, ist es das eine. Vielleicht werdet auch ihr ungerecht behandelt, das will ich euch nicht absprechen. Lasst euch aber nicht einreden, dass ein Mensch mit zwei Staatsangehörigkeiten oder einer Fluchtgeschichte damit in Zusammenhang steht. Und bitte, bitte, bitte versteht, dass für eine positive Veränderung dieses Landes die AfD einfach die völlig falsche Adresse ist.

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Kategorien Extremismus Klartext Politik

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