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Freie Liebe: Berliner – hört auf so zu tun, als wäret ihr cool

Berliner geben sich gerne besonders weltoffen. Jeder dürfe lieben wen und wie er will. Mit unserem coolen Image brüsten wir uns gerne. Nur verdient haben wir es nicht. Ein Kommentar.

Von Laura Krüger, 22 Jahre

Von Berlinern wird gerne gesagt, sie seien so unvoreingenommen, so aufgeschlossen. Und trotzdem werden auch hier die Menschen für ihren Lebensstil kritisiert. Meine Freundin führt mit ihrem Partner eine offene Beziehung. Als wir vor einer Weile darüber geredet haben, erzählte sie mir, dass man ihnen des Öfteren vorwerfen würde, sie seien krank, unnormal. Sie würden sich doch nicht wirklich lieben, wenn sie sich nicht klar füreinander entscheiden könnten.

Was soll das? Diese beiden Menschen haben einen Weg gefunden, glücklich zu sein. Sind wir nicht fähig, ihnen das zu gönnen? Ich denke, dass jeder Mensch so leben und lieben sollte, wie es sich für ihn richtig anfühlt. Fernbeziehung? Kein Problem. Freundschaft plus? Wieso nicht? Schwul, lesbisch, bisexuell, pansexuell, asexuell? Ist doch egal! Bei freier Liebe geht es nicht nur um Sex. Freie Liebe bedeutet auch, die Beziehung zu führen, die sich richtig anfühlt.

Selbiges gilt auch, wenn ein Partner um einiges älter ist als der andere. Das scheint auch schon seit langer Zeit angekommen zu sein. Zumindest wenn der Mann das frühere Geburtsdatum hat. Nehmen wir mal ein internationales Beispiel: Melania und Donald Trump. 24 Jahre Altersunterschied sind bei ihnen nicht der Rede wert. Aber Brigitte und Emmanuel Macron, die genau denselben Altersunterschied haben, hier aber die Frau älter ist, lösen einen riesigen Shitstorm aus. Und ich frage mich: Wo ist das Problem?

Sollte es nicht unser größtes Bestreben im Leben sein, einfach glücklich zu sein? Wieso kritisieren wir dann Menschen, die es sind?

Manch einem ist die Liebe zu einer Person nicht genug. Also liebt man einfach zwei Personen gleichzeitig. Polyamorie löst bei vielen immer noch Kopfschütteln aus. Man könne doch nicht zwei Menschen gleichzeitig lieben und mit ihnen eine Beziehung führen. Wenn es aber für alle Beteiligten passt, dann ist doch jedes Kopfschütteln überflüssig. Wer schreibt denn vor, dass es in einer Beziehung immer nur um zwei Menschen gehen kann? Nur weil manche das nicht verstehen, bedeutet das nicht, dass es für andere nicht funktionieren kann.

50 Jahre nach den Demonstrationen für freie Liebe wird es Zeit, dass wir uns darauf besinnen, das zu tun, was uns guttut, das altbackene Schubladendenken abzulegen und Menschen einfach leben zu lassen – mit ihren Vorlieben und Wünschen. Denn ist das nicht das, was wir uns für uns selbst auch wünschen?

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„Ich habe mir nie vorgenommen, zu schreiben. Ich habe damit angefangen, als ich mir nicht anders zu helfen wusste.“ Das sagte die Nobelpreisträgerin Herta Müller und so habe auch ich angefangen zu schreiben. Für mich ist das Schreiben seit langer Zeit mein Ventil, meine Motivation und eine Möglichkeit, meine Gedanken zu ordnen. Neben dem Schreiben sind für mich, mit meinen 23 Jahren, Bücher, Filme und alles was mit Kultur zu tun hat großen Leidenschaften. Die kann ich dank Spreewild ausleben.

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