Nach dem Abitur beginnt das Leben, sagt man. Zwei Berliner Schülern der Charlottenburger Paula-Fürst-Schule bleibt das verwehrt.
Im Rahmen ihrer Abifahrt nach Nizza kamen sie ums Leben, als ein Attentäter am 14. Juli ohne Rücksicht mit einem Lkw mitten durch die Menschenmasse gefahren war.
Dass Eltern, deren Kinder verreisen wollen, nun noch mehr Angst um ihren Nachwuchs haben als ohnehin schon, ist verständlich. Der Amoklauf in München und die Terroranschläge auf der ganzen Welt tragen da auch nicht zur Beruhigung bei. Das Auswärtige Amt hat auf seiner Website einen weltweiten Sicherheitshinweis ausgesprochen. Weil die Gefahr terroristischer Anschläge und Entführungen fortbestehe, solle man „Orte mit Symbolcharakter“ meiden. Darunter fallen Bahnhöfe, Flughäfen, Märkte und Einkaufszentren sowie religiöse Stätten. Die Anschläge in Orlando, Paris oder Ansbach bestätigen die These, dass sich besonders islamistisch motivierte Verbrechen an Orten der Lebensfreude, etwa auf Partys oder Festivals, ereignen.
Als Reaktion cancelten Schulen haufenweise Klassenfahrten ins Ausland. Nur in der vertrauten Heimat zu verreisen scheint zumindest gefühlsmäßig die Gefahr zu bannen. Doch wird dabei vergessen, dass es Terror und Amok eben auch im Regionalzug oder auf einer kleinen einsamen Insel geben kann, denken wir an das Axt-Attentat bei Würzburg oder den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik. Vergangene Woche schoss ein Mann im Benjamin-Franklin-Klinikum, das wahrlich keinen Ort mit Symbolcharakter oder Lebensfreude darstellt, um sich. Es kann überall passieren. Auch in Deutschland. Auch in Berlin. Auch in Posemuckel.
Welche Alternative haben also Schulleiter, Lehrer und Schüler? Klassenfahrt ausfallen lassen und zur Schule gehen – wo vielleicht der nächste Amoklauf geplant ist? Die Gefahr besteht nicht im Reisen an sich. Das Ausland zu meiden taugt nicht als Lösung. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass die Möglichkeit, Urlaub in einem anderen Land zu machen, für einige Schüler einmalig ist. Im Klassenverbund spannende Kulturen zu entdecken, Gastfreundschaft zu erfahren und bisher fremde Orte zu erkunden, ist eine Bereicherung. Die wahre Gefahr besteht doch darin, dass wir auf dieser Welt leben, ohne sie wirklich kennenzulernen.
Habt ihr seit dem Anschlag in Nizza Angst davor, ins Ausland zu reisen? Verratet es uns!