Schlechte Nachrichten für bierbäuchige Oktoberfestbesucher, die der Kellnerin gern beherzt an den Po fassen: Vergangenen Donnerstag hat der Bundestag eine Verschärfung des Sexualstrafrechts beschlossen.
Künftig kann Grabschen strafrechtlich verfolgt werden. Auch aufdringliche Berührungen von Antänzern in Clubs zählen dazu. Vor allem aber müssen sich Vergewaltigungsopfer nicht mehr mit allen verfügbaren Mitteln gegen ihre Peiniger wehren, damit die Straftat vor Gericht als solche anerkannt wird – ausreichend ist nun ein einfaches Nein.
Grüne und Linke haben sich lange für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts eingesetzt. Nun enthielten sie sich bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf. Grund sind zwei Zusätze. Einer betrifft den neuen Tatbestand von sexuellen Übergriffen aus einer Gruppe heraus. Demnach kann belangt werden, wer zu einer Gruppe gehört, die jemanden belästigt, auch wenn er selbst zwar nichts tut, jedoch auch nicht eingreift. Problematisch ist der Begriff Gruppe: Ab wann zählt jemand zu einer solchen? Um auf das Beispiel der berüchtigten Grabscher in Clubs zurückzukommen: Lassen sich diejenigen, die gemeinsam Menschen antanzen, anfassen und teils berauben im Nachhinein immer genau ausmachen? Außerdem sieht der Entwurf vor, dass Asylbewerber nach Verurteilung wegen sexueller Übergriffe ausgewiesen werden können. Diese Regelung greift auch für Täter, die eine Jugendstrafe erhalten haben, also noch zu jung sind, um die Konsequenzen ihres Handelns voll abschätzen zu können. Die Opposition hält das für unverhältnismäßig.
Erkennbar ist der Zusammenhang zur Kölner Silvesternacht – dass sich die Ereignisse erst zutragen mussten, damit es zu einer Reform kam, ist unglücklich. Sexuelle Gewalt gibt es nicht erst seitdem. Und dass sie in erster Linie von Fremden ausgeht, ist bloß ein Märchen, das schon erzählt wurde, als Napoleon deutsche Gebiete besetzte.
Nachdem seit Neujahr lautstark schärfere Gesetze gefordert wurden, wird nun, da sie da sind, wiederum Kritik laut: Männer könnten ja auf einmal überall und für alles angezeigt werden, heißt es – einige erklären das Schlafzimmer sogar zur „Gefahrenzone“, in der die Frau nachträglich bestimmen könne, was Leidenschaft und was Übergriff gewesen sei. Dabei müssen Frauen natürlich nach wie vor Beweise für einen Übergriff vorlegen. Die Reform geht in die richtige Richtung – hoffentlich verbessert sie nicht nur die Rechtslage der Betroffenen, sondern erhöht auch die Akzeptanz des Nein im echten Leben.
von Rabea Erradi