Eine Öffi-Flatrate für Bus und Bahn wäre ungerecht

Ben Marc hofft, dass die Zwangs­abgabe für die Öffentlichen überdacht wird. Foto: Privat
Ben Marc hofft, dass die Zwangs­abgabe für die Öffentlichen überdacht wird. Foto: Privat

Wer in Berlin Busse und Bahnen ohne Fahrschein nutzt, riskiert gegenwärtig 60 Euro. In Zukunft könnte man für die Hälfte legal ohne Ticket fahren – den ganzen Monat lang.

Diese Vision haben zumindest Anhänger aller Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus. Gegen eine monatliche Grundgebühr von 30 Euro soll jeder Berliner die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen dürfen. Die Modellpläne der Parteien unterscheiden sich hinsichtlich der Einbeziehung von Pendlern und Touristen sowie bezüglich etwaiger Sonderpreise während der Stoßzeiten des Berufsverkehrs. Ermäßigungen für Kinder, Senioren und Sozialhilfeempfänger sehen aber alle vor.

Für Stammkunden öffentlicher Verkehrsmittel klingt die Forderung zunächst verheißungsvoll: kein Ärger mehr mit Fahrschein­automaten, die die neuen Fünfer oder Zehner nicht akzeptieren und einen Haufen Münzgeld auswerfen, wenn man stattdessen mit einem Zwanzig­euro­schein bezahlt. Keine lästigen Ticketkontrollen, die vom Lesen oder Nickerchen abhalten. Und natürlich: Nur noch etwa halb so teure Nutzungsgebühren.
Doch Schlafen oder Schmökern wäre wohl niemandem mehr möglich, wenn die Fahrgastzahlen durch eine solche Pauschale in die Höhe schössen. Schon heute ist die Infrastruktur überlastet. Züge fallen wegen maroder Waggons aus, Weichen- oder Signalstörungen führen zu Verspätungen. Und das Chaos beim nächsten Bahn- oder BVG-Streik wäre umso größer, wenn noch mehr Berliner auf ihr Auto verzichten.

Zwar gelten öffentliche Verkehrs­mittel als vergleichsweise umwelt­schonend. Doch könnte jeder Berliner pauschal Bus und Bahn nutzen, würde der wesentlich geräusch- und emissions­ärmere Fahrrad- und Fußgängerverkehr auch abnehmen.

Noch dazu ist eine Zwangs­abgabe für die Öffentlichen nicht solidarisch, sondern ungerecht – etwa für Rentner, die ihren Kiez nicht verlassen, oder für Jugendliche mit fußläufigem Schulweg. Die Kfz-Steuer muss schließlich auch nicht zahlen, wer kein Auto besitzt.
Anreize zur Nutzung des öffent­lichen Nahverkehrs sind wichtig. Aber sie sind sinnlos, wenn nicht einmal das bestehende Fahrgast­aufkommen bewältigt wird, und funktionieren nicht auf Kosten potenzieller Neukunden.

Von Ben Marc, 19 Jahre

Was haltet ihr von der Idee einer Öffi-Flatrate?

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Kategorien Klartext Politik Welt

Ende 2013 wurde ich Mitglied der Jugendredaktion. In der Zwischenzeit hat sich mein Leben ganz schön verändert. Doch noch immer denke ich gern um die Ecke und habe oft unkonventionelle Vorstellungen. Die Tätigkeit bei der Zeitung hilft mir, diese anderen verständlich zu machen und selbst zu hinterfragen. Dabei verirre ich mich manchmal im Detail, gelange letztendlich jedoch weiter heraus als ich zuvor gewesen war.