Zufrieden oder unglücklich mit den Noten?

Schule ohne Noten – das klingt toll und könnte in Schleswig-Holstein bald wahr werden. Dort will Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) die Zensuren weitgehend abschaffen. So sollen Grundschulen künftig selbst entscheiden, ob sie ab der dritten oder vierten Klasse Notenzeugnisse vergeben oder bei schriftlichen Einschätzungen bleiben, wie sie in der ersten und zweiten Klasse üblich sind. Weiterführende Gemeinschaftsschulen können wählen, ob sie von vornherein zensieren wollen, oder erst ab der achten Klasse. Nur an Gymnasien bleiben Noten ab der fünften Klasse Pflicht. Aber ist die Abschaffung der Zensuren wirklich so schön, wie es klingt? Die Jugendredaktion ist sich in dieser Frage nicht einig.

 

Diana Höhne: „Worte beschreiben Leistungen besser als Zahlen.“ Foto: Privat
Diana Höhne: „Worte beschreiben Leistungen besser als Zahlen.“
Foto: Privat

Pro: Eine der Hauptrechtfertigungen für Schulnoten ist, sie würden Wissen messbar machen und seien deshalb objektiv. Dass das nicht stimmt, musste so gut wie jeder Schüler bereits erfahren. Schriftliche Berichte, wie Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende sie will, fördern eine gute Beziehung zwischen Lehrern und Schülern, weil sie auch über Entwicklungen Auskunft geben.

 

Schüler brauchen ein Feedback, um an sich arbeiten zu können. Und so haben Lehrende die Möglichkeit, sie gezielt auf ihre Potenziale hinzuweisen und sind gezwungen, Defizite konkret zu benennen.

 

Später im Berufsleben zählen vor allem Qualifikationen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit, Motivationsfähigkeit, Überzeugungskraft und Lernbereitschaft. Berichte helfen auch dem zukünftigen Arbeitgeber bei seiner Auswahl. Sechs Zahlen können das nicht leisten. Sie komplett abzuschaffen, wäre der richtige Weg.

 

 

 

Aniko Schusterius: „Nur Noten machen Schulleistungen vergleichbar.“ Foto: Privat
Aniko Schusterius: „Nur Noten machen Schulleistungen vergleichbar.“
Foto: Privat

Contra: Schulnoten gehören zur Schule, wie die Kreide zur Tafel. Ob Schüler nun Angst vor Noten- oder Berichtszeugnissen, vor Fünfen und Sechsen oder vor dem berüchtigten „war stets bemüht“ haben, macht keinen Unterschied. Eine dicke Fünf ist aussagekräftiger als geschwungene Floskeln.

 

Noch viel problematischer ist allerdings, dass jede Schule in Schleswig-Holstein, mit Ausnahme der Gymnasien, nach der Umsetzung dieser Reform machen kann, was sie will. Die einzelnen Schulkonferenzen können sich für oder gegen die Notenzeugnisse entscheiden. Somit gehen Grundschüler nach vier Jahren mit völlig verschiedenen Beurteilungen an die weiterführenden Schulen und Schüler, die bereits Noten an der Grundschule bekommen haben, kriegen an der Oberschule vielleicht plötzlich keine mehr. Das Wichtigste ist, dass es hier eine einheitliche Regelung geben sollte. Ich stimme zu, dass in den ersten beiden Schuljahren Berichtszeugnisse geeigneter sind. Doch danach sollten Schüler mit Zensuren zwischen Eins und Sechs bewertet werden. Nur sie machen Leistungen an verschiedenen Schulen und bei unterschiedlichen Lehrern miteinander vergleichbar.

 

 

 

Von Diana Höhne, 21 Jahre und Aniko Schusterius, 17 Jahre

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Kategorien Klartext

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.