Auf meiner ersten Klassenfahrt in der vierten Klasse machten wir alles, was zu einer guten Schülerreise dazugehört – unter anderem eine Nachtwanderung, die uns das Fürchten lehrte. Heute, im Oberschulalter, schweißt uns auf solchen Ausflügen nicht mehr die gemeinsame Angst vor der Nacht, sondern die vor dem Jugendherbergsessen zusammen. Die Erinnerungen sind dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – schön.
Nichts ist so gut für den Klassenzusammenhalt wie solche Reisen. Diese Erfahrung soll Schülern niedersächsischer Gymnasien nun vorenthalten werden. Das ist die Konsequenz aus einem Lehrerprotest dort. Nachdem die Landesregierung im Sommer 2013 beschlossen hatte, die wöchentliche Unterrichtszeit von Gymnasiallehrern ab August 2014 von 23,5 auf 24,5 Stunden zu erhöhen und eine geplante Arbeitszeitverkürzung für ältere Lehrer doch nicht einzuführen, sahen die Lehrer keinen anderen Weg, ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen, als durch die Abschaffung aller Ausflüge mit Übernachtung.
Dass die Schüler dort nun wütend sind, kann ich gut verstehen. Ich habe den Eindruck, viele Lehrer sind der Ansicht, Klassenfahrten wären betreuter Urlaub für die Schüler. Das stimmt aber nicht, sie sind pädagogisch sinnvoll. Außerdem trifft der Boykott die Falschen. Der Streit zwischen Lehrern und Politik wird auf dem Rücken der Schüler ausgetragen.
Dass die Lehrer die Erhöhung der Unterrichtszeit ärgert, kann ich ebenfalls nur zum Teil verstehen. Zwar bedeutet eine Stunde mehr Unterricht zwei bis drei Stunden mehr Vor- und Nachbereitung, insofern geht es um viel monatliche Arbeitszeit. Mit 24,5 Unterrichtsstunden müssen die Gymnasiallehrer Niedersachsens allerdings immer noch weniger arbeiten als Lehrer gleicher Schultypen in den meisten anderen Bundesländern. Eine Lösung scheint nicht in Sicht. Für das Ministerium sind Klassenfahrten übrigens freiwillig. Somit hat wenigstens ein Beteiligter nichts gegen ihre Streichung – leider ausgerechnet der, den die Lehrer eigentlich damit treffen wollten.
(Von Aniko Schusterius, 17 Jahre)