Lorenz Wünsch über die aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung, Stipendiaten zu fördern
Rund zwei Prozent aller Studenten bekommen derzeit in Deutschland ein Stipendium. Die Glücklichen müssen allerdings mit einigen Vorurteilen kämpfen: Ein Stipen-dium bevorzuge die Bevorzugten und es verschaffe denen, die ihr Abitur mit links gemacht haben, auch während des Studiums ein leichtes Leben; außerdem hebe es die Streber noch weiter von der breiten Masse ab.
Jetzt schüttete die sonst so sparsame Bundesregierung auch noch Öl ins Feuer: Vor einigen Tagen hat das Kabinett vorgeschlagen, das Büchergeld für Stipendiaten von 80 auf 300 Euro pro Monat zu erhöhen.
Dass die Geförderten gar nicht so viele Bücher lesen können, wie sie für 300 Euro bekämen, ist einigen von ihnen auch aufgefallen. Sie starteten deshalb eine Petition gegen die Büchergeld-erhöhung, weil sie sie für überzogen halten. Außerdem gründeten einige von ihnen einen Fonds für Nicht-Stipendiaten. In diesen fließt das Geld, das sie selbst nicht brauchen.
Dabei ist eine Anhebung der Fördergelder durchaus legitim. Seit 1980 wurde das Büchergeld nicht mehr angehoben, obwohl viele andere Kos-ten für Studenten hinzugekommen oder gestiegen sind: Die Mieten haben sich erhöht, Studiengebühren wurden eingeführt und ein Kaffee kostet auch nicht mehr 90 Pfennige. Ein Stipendium sollte schließlich den Studenten möglichst viele andere (Geld-)Sorgen abnehmen, damit diese sich ganz ihrem Wissenserwerb widmen können.
Ungeachtet der momentanen Neiddebatten war es an der Zeit, über die Qualität und Quantität von Stipendien zu diskutieren. Die Bundesregierung hat die Stärkung der Begabtenförderung deshalb zu Recht in den Koalitionsvertrag aufgenommen und in einer Kabinettssitzung am vergangenen Mittwoch entschieden, dass es bereits ab dem nächsten Wintersemester ein nationales Stipendiatenprogramm geben soll, das mit 300 Euro monatlich den Anteil der Stipendiaten in Deutschland auf zehn Prozent anheben soll.
Die überraschende Großzügigkeit lenkt aber von den eigentlichen Vorteilen eines Stipendiums ab: Gerade die Kontakte, die Stipendiaten während ihres Studiums untereinander schließen, gelten im späteren Berufsleben als besonders hilfreich und sind in Wahrheit unbezahlbar.
Von Lorenz Wünsch, 18 Jahre