Freiwillige Arbeit fördern – aber bitte richtig


Lorenz Wünsch: Die Freiwilligen­dienste sind eine gute Alternative zum Zivi, weil sie noch ein ganzes Jahr dauern. Foto: Privat

Seit 2002 dürfen junge Männer als Ersatz für ihren Zivildienst auch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) ableisten. Sie arbeiten dabei zwölf Monate in einer Einsatzstelle und besuchen zusätzlich Seminare.


Die Kosten für die dadurch zusätzlichen rund 6 500 „Ersatz-Zivi-Plätze“ übernahmen bisher die Träger dieser Jugendfreiwilligendienste und das Bundesamt für den Zivildienst je zur Hälfte. Mit der Verkürzung von Wehr- und Zivildienst auf sechs Monate soll sich das Modell allerdings ändern. Im Koalitionsvertrag hat sich die schwarz-gelbe Bundesregierung zwar vorgenommen, die Freiwilligendienste zu stärken. Allerdings insbesondere jene, die unabhängig vom Zivildienst abgeleistet werden, etwa von jungen Frauen oder ausgemus-terten Männern. Für die Trägerverbände ist das äußerst problematisch. Denn die dafür benötigten Mittel sollen komplett zulasten ihrer Zivi-Förderung abgezogen werden. Konkret bedeutet das: Der Staat kürzt seine Zuschüsse für den Zivi-Ersatzdienst in Form von FSJ/FÖJ um rund zwei Drittel, dafür fördert er alle anderen Stellen ein bisschen mehr.


Dass sich durch diese finanzielle Umverteilung nicht auf allen Seiten eine Verbesserung einstellt, liegt auf der Hand. Die Träger von Zivi-Plätzen in Form von FSJ und FÖJ müssen in Zukunft noch mehr Bewerber ablehnen, wenn sie die fehlenden Mittel nicht selbst ersetzen können.


Grotesk erscheint der Plan der Bundesregierung vor allem, weil viele soziale Einrichtungen oder Krankenhäuser aktuell über die Auswirkungen eines verkürzten Zivildiens-tes klagen. Sie warnen davor, die Zivildienstleistenden würden zu gut bezahlten Praktikanten degradiert. Gerade die Freiwilligendienste bieten ein Alternativkonzept: Engagierte Jugendliche suchen sich selbst ihre Wunsch-Einsatzstelle aus und unterstützen diese ein komplettes Jahr lang. Im Gegenzug erhalten sie durch ihren Träger eine begleitende pädagogische Betreuung und eine gute Reputation für spätere Bewerbungen. Ein System also, das alle Seiten zufrieden stimmt.


Nichtsdestotrotz soll von den 160 Millionen Euro, die der Staat durch die Wehr- und Zivildienstverkürzung einspart, kein Cent an die Jugendfreiwilligendienste gehen. Eine „Förderung“ sieht anders aus. (Von Lorenz Wünsch, 18 Jahre)

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