Eine Kinderhand wirft einen gefalteten Stimmzettel am 13.09.2013 bei der Kinder- und Jugendwahl U 18 in Berlin in eine Wahlurne. Bundesweit können Kinder und Jugendliche auf nahezu identischen Stimmzetteln ihre Stimme zur Bundestagswahl abgeben. Foto: Stephanie Pilick/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Das will der politische Nachwuchs – Teil 3

Schulsanierungsstau, Wohnungsmangel, den besonders Schüler und Studenten spüren, und die Flüchtlingsfrage – einige Themen des Berliner Wahlkampfs betreffen auch und vor allem Jugendliche. Wir haben die Jugendorganisationen der Parteien, die voraussichtlich ins Abgeordnetenhaus einziehen werden, gefragt, wie sie die Probleme lösen wollen.

Teil 3: Kostenloses Schulessen, Senkung des Wahlalters und Unterschiede zur Mutterpartei

Kostenfreies Schulessen: ja oder nein?
JUSOS: Ja. Gesundes Schulessen muss es unabhängig vom Geldbeutel der Eltern geben. Mit leerem Magen kann niemand gut lernen, daher ist gutes Essen wichtig für gleiche Bildungschancen.

JUNGE UNION: Nein, jedenfalls nicht pauschal.

GRÜNE JUGEND: Wichtig ist für uns, dass das vegan-vegetarische Angebot in Schulmensen ausgeweitet und leckeres Essen angeboten wird. Eine soziale Staffelung ist dabei ein Muss. Dann können wir anschließend über generelle Kostenfreiheit reden.

LINKSJUGEND: Ja.

Fast jedes dritte Kind in Berlin lebt von Hartz 4 und ist damit unmittelbar von Armut betroffen. Kostenfreies Schulessen würde diejenigen Familien entlasten, die darauf angewiesen sind und diese Kinder und Jugendlichen nicht ausschließen. Wir halten ein gemeinsames und warmes Essen für absolut notwendig, damit die Kinder genug Energie haben, um sich gut konzentrieren zu können.

JUNGE LIBERALE: Kostenloses Schulessen für alle Schüler macht in unseren Augen keinen Sinn. Eltern mit einem soliden Einkommen sollen sich auch weiterhin an den Essenskosten beteiligen, alles andere wäre weder sozial noch für die Schulfinanzen sinnvoll. Dabei muss jedoch gewährleistet werden, dass es nicht zu sozialen Ausgrenzungen kommt, etwa in dem Schüler mitbekommen, wer von ihnen die Kosten selbst trägt und welche Schüler kostenlos essen können.

JUNGE ALTERNATIVE: Eher Nein, derzeit werden vorrangig dringend Gelder für neue Lehrkräfte und die Sanierung der Schulen benötigt.

Wählen ab 16: ja oder nein?
JUSOS: Wir Jusos sagen: Ja, ab 16 Jahren und auch ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die SPD müssen wir davon noch überzeugen.

JUNGE UNION: Nein. Schon heute können in Berlin 16-Jährige auf Bezirksebene wählen und so mitbestimmen, was in ihrem direkten Lebensumfeld passiert. Das finden wir gut! Das generelle Wahlalter sollte aber weiterhin an die Volljährigkeit gekoppelt bleiben, da es nun mal eine Altersgrenze geben muss und wir diese für sinnvoll halten.

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GRÜNE JUGEND: Ja klar!

LINKSJUGEND: Ja natürlich, aber warum erst mit 16? Politische Partizipation darf nicht vom Alter abhängen. Warum sollten Schüler_innen zum Beispiel nicht selbst darüber entscheiden, wie die Bildungspolitik aussieht, von der sie ganz konkret betroffen sind? Aber nicht nur Kinder und Jugendliche unter 18 sind bislang vom Wahlgang ausgeschlossen. Menschen die jahrelang in Deutschland leben, aber keinen deutschen Pass haben oder Menschen mit geistiger Behinderung dürfen auch nicht wählen gehen und haben so nicht mal diese kleine Möglichkeit der Mitbestimmung.

JUNGE LIBERALE: Jugendlichen sollte ab 16 Jahren das Wahlrecht zustehen. Wer das Recht hat, selber an Wahlen teilzunehmen wird in politische Prozesse einbezogen und hat ein größeres Interesse daran, sich einzubringen. Jugendliche treffen schon mit 16 wichtige Lebensentscheidungen. Sie nehmen oftmals die Entscheidung über ihre Ausbildung in die Hand und legen das Fundament für ihre Zukunft. Wenn junge, verantwortungsvolle Bürger an Wahlen und Entscheidungen teilhaben wollen, sollten wir ihnen die Möglichkeit geben, durch ihre Stimme die Politik entsprechend mitzugestalten.

JUNGE ALTERNATIVE: Hierzu hat die JA Berlin noch keine verbindliche Position gefasst.

Was unterscheidet euch von der Mutterpartei und wie viel Gewicht habt ihr, um tatsächlich politische Forderungen zu stellen?
JUSOS: Wir Jungsozialist_innen sind der SPD in kritischer Solidarität verbunden. Das bedeutet, dass wir gemeinam mit der SPD für soziale Gerechtigkeit kämpfen, aber auch in vielen Fragen eine andere Meinung vertreten und diese öffentlich äußern. Zum Beispiels sind wir gegen jegliche Verschärfungen des Aslylrechts, für ein Wahlrecht ab 16 Jahren auf allen Ebenen und für die Legalisierung von Cannabis. Von einigen unserer Forderungen konnten wir die SPD aber überzeugen und diese im SPD-Wahlprogramm verankern. Beispielsweise sind die Ausbildungsplatzgarantie und -Umlage, der Ausbau von Gemeinschaftsschulen und die Absenkung der Kosten für das Sozialticket im ÖPNV (Öffentlichen Personen Nahverkehr, also S- und U-Bahn, Bus und Tram), sodass es sich alle leisten können. Über ein Viertel aller SPD Mitglieder sind Jusos, sodass wir durchaus politisches Gewicht innerhalb der SPD auf die Waage bringen.

JUNGE UNION: Mit etwa 2.700 Mitgliedern sind wir eine starke Stimme für Jugendliche und junge Erwachsene in der CDU Berlin. Wir verstehen uns als Sprachrohr unserer Generation in die CDU hinein. In diesem Jahr konnten wir beispielsweise fast alle unsere, am Anfang des Jahres beschlossenen, Positionen für das CDU-Wahlprogramm in diesem durchsetzen. Besonders für Positionen wie zum Beispiel die Sonntagsöffnung von Spätis mussten wir viel diskutieren und hart kämpfen. Darüber hinaus wurden die Entbürokratisierung der Start-Up-Förderung, die Schaffung einer 24-Stunden-Bibliothek an mindestens einer Berliner Universität, weniger ÖPNV-Preiserhöhungen für Berliner sowie die Förderung von Carsharing in den Außenbezirken auf unsere Initiative hin in das Wahlprogramm aufgenommen. Am Ende zeigt sich: In der Jungen Union Berlin mitmachen lohnt sich, um Themen unserer Generation in der Mutterpartei durchzusetzen und mit der CDU gemeinsam konstruktiv für diese Positionen zu kämpfen.

GRÜNE JUGEND: Unser Motto lautet jung, grün, stachlig und in diesem Sinne verstehen wir uns als unabhängige, kritische Jugendorganisation, die bei kontroversen Themen und Diskussionen auch einmal den Finger in die Wunde legt und für die Themen und Interessen junger Menschen eintritt. Einige (ehemalige) Mitglieder der Grünen Jugend Berlin sind auch in der Partei in unterschiedlichen Gremien aktiv und bringen unsere Forderungen und Positionen dadurch auf die partei-interne Agenda. Als Sprecher_innen bemühen wir uns um einen engen Kontakt mit dem Landesvorstand und der Fraktion. Zudem steht auch eine eigene Grüne-Jugend-Kandidatin auf der grünen Landesliste zur Wahl, die in den kommenden 5 Jahren für uns im Abgeordnetenhaus sitzen und sich in der Fraktion für unsere Belange einsetzen wird.

LINKSJUGEND: Wir sehen den Kampf um die politische Veränderung der Gesellschaft nicht ausschließlich in den Parlamenten, sondern vor allem auch außerhalb dessen. Für uns sind besonders themenbezogene Bündnisse, wie zum Beispiel „Blockupy“ oder „Berlin Nazifrei“ ein gutes Umfeld, um politische Forderungen zu stellen und diese an die Öffentlichkeit zu bringen und so in die Gesellschaft zu wirken.

JUNGE LIBERALE: Wir sind oft progressiver, vehementer, mutiger und gehen andere Wege als die FDP. Wir teilen aber ihre grundsätzliche Ausrichtung und versuchen, in den Themen Akzente zu setzen, die uns als Jugendliche besonders bewegen – z.B. Netzpolitik, Datenschutz, Bildung oder Bürgerrechte. Damit sind wir auch erfolgreich: Seit letztem Jahr setzt sich die FDP für die Legalisierung von Cannabis ein und auch die Liberalisierung des Fernbusmarkts unter Schwarz-Gelb, die günstige Busfahrten durch ganz Deutschland erst möglich machte, wurde von den JuLis vorangetrieben. In Berlin haben wir vor allen die Themen Liberalisierung der Sonntagsöffnung, die Rettung der Spätis und den Ausbau des Nachtverkehrs ins FDP Programm eingebracht. Mit uns JuLis ist in der FDP immer zu rechnen und kein Weg führt an uns vorbei.

JUNGE ALTERNATIVE: Die JA ist eine eigenständige und unabhängige Jugendorganisation. Sie ermöglicht den jungen Menschen unter Gleichgesinnten eine direkte politische Teilhabe und Einflussnahme, die auch auf die Mutterpartei ausstrahlt. Die Jungparlamentarier der AfD stammen allesamt für gewöhnlich aus unserer Jugendorganisation. Auch programmatisch nehmen wir direkten Einfluss. AfD Forderungen wie z.B. das Verbot von Straßenprostitution, keine Frühsexualisierung an Schulen, Einführung von Schulkleidung, Einführung des freiwilligen Polizeidienstes und der Ausbau der Linie U3, stammen unmittelbar von der JA Berlin. Die Jugendorganisation traut sich zumal oft mehr „Mut zur Wahrheit“, provoziert und nimmt gerne kein Blatt vor den Mund.“

Teil 1 zur Situation an Berliner Schulen, zur Wohnungsnot und zur ersten Amtshandlung könnt ihr hier nachlesen.
Teil 2 zur Flüchtlingsfrage, zur Modernisierung des Sexualkundeunterrichts und zur vermeintlichen Politikverdrossenheit der Jugend könnt ihr hier nachlesen.

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