Interview Kicker Dibs: „Wir machen Rockromanz“

Rockige Mucke und romantische Texte – so lassen sich die Songs der Berliner Newcomer Kicker Dibs beschreiben.

Die Musik von Kicker Dibs kribbelt in den Beinen und im Herzen. Am Donnerstag geht die Berliner Newcomerband mit ihrer EP­„Sonnemondstern“ an den Start. Wir haben sie auf ein Frühstück in ihrer Neuköllner WG besucht.

Ihr wohnt zusammen. Fliegen euch die Songideen hier über dem morgendlichen Kaffee zu?
Tingel: Es ist nicht so, dass wir uns an den Frühstückstisch setzen und die Feder zücken. Viel eher sind es Kleinigkeiten aus dem Alltag, die uns zwischendurch im Kopf hängen bleiben. Wir denken gemeinsam darüber nach und vielleicht entsteht ein Song.

Passiert es auch, dass jemand nachts einen genialen Einfall hat, alle weckt, und ihr gleich im Schlafanzug probt?
Tingel: Wir halten das im Halbschlaf in einer Sprachnachricht fest.
Lenni: Einmal hat Niki was auf der Gitarre gespielt. Ich wohne im Zimmer neben ihm und habe die Melodie von der Gitarrenspur genommen, so dass unbewusst etwas gemeinsames entstanden ist. Wir konnten unsere Geistesblitze zusammenführen.

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Nach dem Abi seid ihr mit eurem Sprinter durch Deutschland gedüst und habt Straßenmusik gemacht. Nun ist aus eurer privaten Leidenschaft euer Beruf geworden. Hat sich euer Verhältnis zur Musik verändert?
Tingel: Natürlich ist es anders als früher. Mittlerweile besteht Musikmachen zu 70 Prozent aus Papierkram. Die Leidenschaft ist aber noch genauso da wie am Anfang.

Gab es für euch keinen Panikmoment, weil ihr jetzt damit euer Geld verdienen müsst? Noch könntet ihr Bankkaufmänner werden …
Lenni: Um deshalb Schiss zu haben, lebe ich einfach zu sehr in der Gegenwart. Für mich gibt es keinen Grund, etwas anderes zu machen, nur weil es vielleicht sicherer ist.
Tingel: Das Vorhaben, Musiker zu werden, hört sich immer so utopisch an. Aber wir sind noch ganz am Anfang. Das wird schon klappen.

Mit welchen besonderen Talenten würdet ihr euch denn im Zweifelsfall über Wasser halten?
Tingel: Ich kann richtig gut Dosen öffnen, ungelogen.
Lenni: Ich wäre vermutlich Sportler. Obwohl das genauso unsicher ist – ich könnte mir ja den Arm brechen.

Apropos Sport: Wie wichtig ist es euch, mal eine Auszeit von der Musik zu nehmen?
Lenni: Mir tut es gut, noch in die Uni zu gehen oder Rugby zu spielen.
Tingel: Wir wollen auch unbedingt unseren Spaß-Freitag wieder einführen, den haben wir in letzter Zeit sehr vernachlässigt.

Könnt ihr euch eigentlich an eure musikalischen Anfänge erinnern? Irgendwelche Jugendsünden?
Lenni: Angefangen haben wir tatsächlich mit einem eigenen Song. Der war auf Englisch und hieß Dreamgirl. Ich weiß noch genau, wie wir den im Musikunterricht vorgespielt und alle über den Text gelacht haben.

Habt ihr euch durch dieses traumatische Erlebnis gegen englischsprachige Texte entschieden?
Tingel: Wenn du einen deutschsprachigen Song schreibst, dann weißt du, dass alle genau auf den Text hören. Da sollten jetzt keine albernen Metaphern drin sein. Niki und Lenni finden eine Sprache, die tiefsinnig, aber nicht lächerlich ist. Wir wollen die Leute zum Nachdenken anregen.

Ihr habt für eure Musik quasi ein eigenes Genre erfunden – Rockromanz. Was genau steckt dahinter?
Tingel: Wir singen über große Gefühle, ohne in den Kitsch abzurutschen – die Musik darf auch mal richtig auf die Fresse geben. Uns ist wichtig, was wir zu sagen haben. Also ja, Rockromanz, das sind rockige Mucke und romantische Texte. In jedem Song steckt mindestens ein Lebensgefühl. Er liefert den Hörern verschiedene Bilder, die alle zusammen ein Gefühl ergeben. Im besten Fall schiebst du die EP rein und hast einen kleinen Alltagsurlaub. Wenn sie zu Ende ist, hast du gar nicht gemerkt, dass 27 Minuten vergangen sind.

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Kategorien Interview Kultur Musik

Schreiben ist meine Neurose. Ich mache das wirklich nicht freiwillig. An pathologischer Schreibwut leide ich etwa seit meinem neunten Lebensjahr. Heute bin ich 24. Sie äußert sich in der übermäßigen Produktion von Texten, dabei reagiere ich sensibel auf gute Geschichten. Schreiben ist mein Plüsch–Airbag gegen Schleudertraumata im täglichen Gedankenkarussell, Weckglas für klebrig-süße Memoirenmarmelade und die doppelte Aspirin am Morgen nach einem exzessiven Empfindungsrausch. Ich habe eine Schwäche für Präpositionen mit Genitiv, Schachtelsätze und Ironie. In die Redaktion komme ich nur, weil es da umsonst Tee gibt.