„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.“
Wilhelm II. (1859-1941), letzter deutscher Kaiser, außerdem König von Preußen
Als ich 16 Jahre alt war, fiel ich von einem Pferd – im Glatzer Schneegebirge in Polen. In dieser Gegend ist der Glaube an das Pferd als Fortbewegungsmittel das einzig Realistische. Autos haben in der unwirtlichen Landschaft keine Chance. Leider mochte mein Pferd mich nicht. Nachdem es mich abgeworfen hatte, bäumte es sich wütend über mir auf. Später teilte man mir ein anderes zu. Es hieß Buback und war der lahmste Gaul, den es auf dem Gehöft gab. Buback verweigerte sich dem Trab und dem Galopp, und binnen weniger Minuten waren meine Mitreisenden Silhouetten am fernen Horizont.
Mit 18 hatte ich dann meinen ersten Autounfall. Nichts Dramatisches, nur ein Blechschaden. Dennoch: Ich war ein schlechter Reiter und bin ein miserabler Autofahrer. Für mich wäre es eine Katastrophe, wenn sich Kaiser Wilhelms Glaube an das Pferd als richtig erwiesen hätte. Meine große Hoffnung besteht hingegen darin, dass sich seine Vision vom Auto als vorübergehende Erscheinung doch noch als richtig herausstellt. Wenn es nach mir geht, werden wir uns in nicht allzu ferner Zukunft nur noch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen. Die sind umweltfreundlicher, meistens schneller, und ich kann keine Unfälle verursachen. Autofreie Straßen sind eine wundervolle Vision. Der Glaube an das Pferd hingegen lässt sich wohl nur noch im Glatzer Schneegebirge aufrechterhalten.
(Vivian Yurdakul, 20 Jahre)