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Posen mit dem Mundschutz - etwas fragwürdig, meint unsere Autorin.
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Hört auf, Mundschutzmasken als neustes It-Piece zu hypen

Seit dieser Woche müssen Berliner in den Öffis und beim Einkaufen Mundschutz tragen. Das scheint die Kreativität beflügelt zu haben: Die selbstgenähten Masken werden immer bunter und stylischer. Das ist ein Problem. Ein Kommentar.

Von Kristina Vasilevskaja

Neben Toilettenpapier sind Atemschutzmasken seit einigen Wochen begehrt wie nie. Verständlicherweise. Seit sich das Corona-Virus weltweit verbreitet, sind sie um bis zu 3.000 Prozent teurer geworden. Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Immer mehr Privatleute setzten sich daher an ihre Nähmaschinen und fertigten sich, der Familie und willigen Käufern auf Etsy und Co. Mundschutzmasken an. Auf YouTube wurden täglich neue DIY-Videos hochgeladen.

Seit Montag müssen Berliner nun in den Öffis Mundschutz tragen, seit Mittwoch auch beim Einkaufen. Das hat die Nachfrage nach Atemschutzmasken abermals ansteigen lassen – und scheint die Kreativität zu beflügeln. Wenn man nicht sieht, wie toll ich geschminkt bin, muss wenigstens meine Maske fancy aussehen, scheinen sich viele zu denken. Gemustert, gestreift, mit Blumenprints oder Karos, mit aufgemaltem Mund oder Schnurbart, in Bärenschnauzen-Optik oder in den Farben des geliebten Fußballvereins, mit Glitzersteinchen oder Pailletten verziert – eigentlich gibt es nichts, das es nicht gibt.

Mundschutzmasken sind nicht dazu da, das Outfit aufzuwerten

Daran ist prinzipiell nichts auszusetzen. Dass Mundschutzmasken aber als neustes It-Piece herhalten müssen und sich die Leute auf den Social-Media-Plattformen dazu berufen fühlen, Selfies von sich mit ihrem stylischen Mund-Nasen-Schutz zu posten, ist doch etwas alarmierend. Scheint doch in Vergessenheit zu geraten, dass es sich hierbei um einen medizinischen Schutz handelt. Mundschutzmasken sind nicht dazu da, das Outfit aufzuwerten. Es handelt sich hierbei immer noch um eine Schutzmaßnahme und nicht um den neusten Modehype.

Ja, es ist umstritten, wie viel der Mundschutz wirklich bringt. Ob die selbstgenähten Masken tatsächlich davor schützen, seine Mitmenschen mit dem Covid-19-Erreger anzustecken. Aber ist es wirklich nötig euphorisch zu präsentieren, wie toll man seinen Mundschutz verziert hat?

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Vielleicht ist die Begeisterung einiger als psychologischer Abwehrmechanismus zu verstehen. Als ein Versuch, die Masken in den Alltag zu integrieren und die eigene innere Ablehnung dagegen etwas abzumildern. Die wenigsten werden sich über die erlassene Mundschutzpflicht freuen – nicht jeder hatte vermutlich schon immer den Wunsch, endlich mal wie ein Bankräuber durch die Gegend laufen zu können. Die Teile sind unbequem und stören beim Sprechen und Atmen.

Dennoch könnte man den Eindruck bekommen, einigen ginge es darum, für einen weltweiten Mundschutz-Schönheitswettbewerb gewappnet zu sein. Besteht nicht vielleicht die Gefahr, dass wir unter dem ganzen Verzieren und gegenseitigen Bewundern der modischen Masken der Mitmenschen vergessen, worum es hier eigentlich geht?

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Ich bin Kristina und schreibe zwar nicht, seitdem ich einen Stift halten kann. Dafür schreibe ich jetzt mit Leidenschaft und meinem Lamyfüller. Es gibt viel, was ich in der Welt ändern möchte, deshalb ist wohl der erste Schritt, anderen davon zu erzählen. Mit Fotografien, Bildern und Texten kommuniziere ich und zeige mich der Welt ein klein wenig mehr.