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Gregor Gysi: „Weshalb ist unsere Jugend eigentlich so wenig rebellisch?“

Prominente müssen der Presse ständig Tausende Fragen beantworten. Die Jugendredaktion dreht den Spieß um: Wir geben den Prominenten Antworten – auf alle Fragen dieser Welt.

Gregor Gysi fragt: „Weshalb ist unsere Jugend eigentlich so wenig rebellisch?“

Die Jugendredaktion antwortet:

Herr Gysi, ich muss Ihnen gleich widersprechen. Die Jugend ist nicht weniger rebellisch als früher, nur anders. Sie ist Teil einer Generation, deren Eltern sich schon gegen Staat und Autoritäten aufgelehnt haben. Aber das Bedürfnis nach Rebellion wächst ja zumeist im früh­adoleszenten Alter am familiären Abendbrottisch heran und entspringt dem Gedanken: Hauptsache, nicht so werden wie die!

Aber: Wogegen auflehnen? Und wie abgrenzen? Bei Eltern, die Geschichten von Woodstock-Gedächtnis-Partys erzählen, Dire-Straits-Riffs auf der Klampfe spielen und Umfragen zufolge nicht davon abgeneigt sind, mit ihren Kindern einen Joint zu rauchen, funktioniert das nur mit einem Mittel: einem seltsam gemäßigten Spießbürgertum. Jüngst zeigte die Sinus-Jugendstudie, dass es viele Jugendliche als erstrebenswert ansehen, dem Mainstream anzugehören.

Sie halten sich in einer bequemen und allseits beliebten Komfortzone auf. Viele sind erschreckend „perfekt“: vernünftig, sozial, selbst­optimiert, interessiert an Politik und gesunder Ernährung. Obendrein freuen sie sich über den Bausparvertrag, den sie zum 18. Geburtstag bekommen haben, weil so eine Eigentumswohnung mit Mitte 20 eine sichere Geldanlage für die Zukunft ist. Zur Verwunderung der Eltern – „Eigentum verpflichtet!“, mahnt die Alt-68er-Mama. Aber Verbindlichkeit, Sicherheit und Kontrolle sind gerade erstrebenswert. Wenn man mal die Abgrenzung gegenüber der Eltern­generation außen vor lässt: Wundert Sie das, wenn man einen Blick auf die Universitäten wirft, Stichwort Bologna? Dort werden die 18-jährigen Abi­turienten norm­konform in der Regel­studienzeit durch die Seminare geschleust, aber bitte unter Einhaltung der ständigen Präsenzpflicht. Für revolutionäres Gedankengut rund um den kommenden Aufstand steht zwischen Klausurvorbereitung und Praktikum gar keine Zeit mehr zur Verfügung. Natürlich halte ich überhaupt nichts von Verallgemeinerung über die Jugendlichen. Deshalb muss erwähnt werden, dass es zumindest noch einige von ihnen gibt, die nach alter Schule rebellieren – beispielsweise in Form eines Torten­wurfs in Gesichter von vermeintlich „Saft- und Kraftlosen“. Kein Anlass zur Sorge also: Rebellion stirbt nicht aus.

 

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