Abgewetzte Tische, modriger Geruch, schummriges Licht und unfreundliche Angestellte – allzu viel Charme versprühen die meisten öffentlichen Bibliotheken in Berlin nicht. Warum es trotzdem toll sein kann, sich in der Klausurenphase dorthin zum Lernen zu verkriechen? Drei Gründe, einmal etwas Neues auszuprobieren:
Die Stimmung:
Müde Gesichter, Sprechverbot, maximal ein leises Rascheln. Die Atmosphäre in der Unibibliothek ist gediegen. Ganz anders ist das in einer Stadtbibliothek. Hier treffen Berliner Koryphäen aufeinander: Da ist der Rentner, der in der Ecke seine Stulle isst, die Mittvierzigerin, die in ein Buch über Wikinger vertieft ist, der junge Mann, der mit Kopfhörern Deutsch lernt, die zwei älteren Frauen, die sich über Blumenbeete unterhalten. Wer also keine Lust mehr hat, ausschließlich unter Leidensgenossen zu pauken – in der öffentlichen Bibliothek ist immer etwas los.
Das Essen:
Während in der Uni streng kontrolliert wird und nur Wasser als Getränk erlaubt ist, kann man sich in der öffentlichen Bibliothek essenstechnisch völlig gehen lassen. Mittagspause am Platz mit Proviantbox und Thermoskanne? Apfelschnitze vor dem Laptop und Joghurt über Büchern? Kein Problem – in vielen Stadtbibliotheken darf man drinnen essen.
Der Weg:
Wer nicht gerade in Uni-Nähe wohnt, fährt morgens schon einmal 30 Minuten zur Bibliothek. Besonders aus Ost-Bezirken wie Friedrichshain oder Lichtenberg braucht man oft ewig nach Dahlem und Co. Die öffentlichen Bibliotheken sind dagegen relativ dicht über die Stadt verteilt. Allein in Neukölln gibt es vier Stadtbibliotheken, in Pankow und Spandau sogar jeweils sieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass in der Nähe der eigenen Wohnung eine Bibliothek ist: hoch.
Von Leonie Schlick, 21 Jahre
Foto: Tim Brakemeier/dpa