Überraschungen bei U18-Wahl: So haben Berlins Kinder und Jugendliche gewählt

Mehr als 215.000 Berliner Kinder und Jugendliche haben am Freitag bei der symbolischen U18-Bundestagswahl ihre Stimme abgegeben. Das Wahlergebnis unterscheidet sich deutlich von allen Prognosen der Erwachsenen.

Update: 20. September, 15:11 Uhr

Am 24. September findet die Bundestagswahl statt. Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland konnten jedoch schon am 15. September ihre Stimme abgeben. Natürlich hat diese nur symbolischen Charakter, schließlich sind die jungen Wähler noch nicht wahlberechtigt. Den Initiatoren geht es mit der U18­-Wahl jedoch darum, dass auch sie sich politisch äußern können. Und diese Chance haben die Minderjährigen genutzt: Insgesamt knapp 220.000 Kinder und Jugendliche haben sich laut Veranstalter an der Wahl beteiligt.

Die unter 18-Jährigen sehen die CDU klar an der Spitze. Ihnen gaben sie 28,5 Prozent der Stimmen. Es folgten SPD mit 19,8 Prozent, Bündnis 90/Die Grünen mit 16,6 Prozent, Die Linke mit 8,1 Prozent, die AfD mit 6,8 Prozent und die FDP mit 5,7 Prozent.

 

So hat Berlin gewählt
Auch in Berlin haben am vergangenen Freitag Tausende Kinder und Jugendliche ihre Stimme abgegeben. Das Ergebnis überrascht – denn es unterscheidet sich deutlich vom gesamtdeutschen Wahlergebnis: Zwar bekam auch in Berlin die CDU die meisten Stimmen – nämlich 23 Prozent, damit aber 5,5 Prozent weniger als im gesamtdeutschen Schnitt. Die SPD ist der CDU dicht auf den Fersen – mit 21 Prozent (1,2 Prozent mehr als in Gesamtdeutschland). Die Grünen liegen fast gleichauf mit 20,9 Prozent (4,3 Prozent mehr als in Gesamtdeutschland). Auf Platz vier landet die Linke mit 13,1 Prozent (5 Prozent mehr als in Gesamtdeutschland). Die AfD kommt bei den Berliner Minderjährigen auf 5,2 Prozent (0,5 Prozent weniger als in Gesamtdeutschland).

Damit unterscheidet sich die Abstimmung der unter 18-Jährigen deutlich von dem aktuell erwarteten Ergebnis der Wahl kommende Woche Sonntag: Laut Infratest dimap vom 14. September 2017 käme die CDU/CSU auf 37 Prozent, die SPD auf 20 Prozent, die AfD auf 12 Prozent, die FDP auf 9,5 Prozent, die Linke auf 9 Prozent und die Grünen auf 7,5 Prozent.

„Es ist beachtlich, dass die unter 18-Jährigen deutlich weniger CDU/CSU gewählt haben als es bei den Erwachsenen prognostiziert wird, schließlich kennen sie nur Angela Merkel als Bundeskanzlerin“, sagt Anne Bergfeld, Projektkoordinatorin der U18-Wahl. „Die Grünen erreichen fast doppelt so viele Stimmen wie bei den Erwachsenen“, so Bergfeld weiter.

Wie jedes Bundesland abgestimmt hat, kann hier verglichen werden.

Die U18­-Wahl findet immer neun Tage vor der offiziellen Wahl statt. Erstmals wurde sie 1996 veranstaltet. „Durch U18-Wahlen, die analog zu den „echten“ Wahlen neun Tage vor dem offiziellen Wahltermin durchgeführt werden, sollen junge Menschen darin unterstützt werden, Politik zu verstehen, Unterschiede in den Partei- und Wahlprogrammen zu erkennen und Versprechen von Politikern zu hinterfragen“, erklärt der Deutsche Bundesjugendring, der die Wahlen organisiert.

Abgestimmt wurde in Berlin an zahlreichen Schulen und Einrichtungen in der ganzen Stadt – auch im Neuköllner Kinder- und Jugendzentrum Lessinghöhe. „Ich finde es wichtig, dass schon unter 18-Jährige sagen können, was sie wollen“, sagte die 18-Jährige Linda im Spreewild-Gespräch. „Wenn man die Chance hat, sollte man auch wählen gehen, denn jede Stimme, die man nicht abgibt, landet bei den nicht so guten Parteien. Wenn man nicht wählen geht, sollte man sich auch nicht beschweren.“

„Wir finden es toll, dass Kinder sagen können, was sie wollen“, meinen auch Maya (9 Jahre) und Sinda (11 Jahre). Sie sind fast jeden Tag im Jugendzentrum.

Teilnehmen durften an der U18-Wahl ausnahmslos alle Minderjährigen, die sich in Deutschland aufhalten – so auch Nuran. Sie dürfte bei der Bundestagswahl nicht wählen, weil sie keinen deutschen Pass hat. „Bei den U18-Wahlen haben gerade auch die Kinder und Jugendlichen, die keinen deutschen Pass haben, die Chance, mal mitzuerleben, wie sich das anfühlt, zu wählen und seine Stimme abzugeben“, sagt sie.

Auch Falko Liecke (CDU), Neuköllner Stadtrat für Jugend und Gesundheit freut sich über die U18-Wahl: „Ich finde es wichtig, dass Kinder schon früh daran herangeführt werden. Was ist Wahl? Warum muss ich wählen? Es ist etwas, das man darf, das erkämpft wurde, es gab ja auch andere Zeiten. Ich finde es auch wichtig, Kindern das Gefühl zu geben, dass ihre Stimme zählt, dass sie beeinflussen können.“

Seit Jahren wird die U18-Wahl gut angenommen. Anne Bergfeld zeigt sich überwältigt von der diesjährigen Wahlbeteiligung. „Die war einfach irre. Bisher konnten wir rund 170.000 Stimmen auswerten.“ Das offizielle Endergebnis wird am Montag verkündet.

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Kategorien Mitmischen Politik

Seit nunmehr knapp vier Jahren habe ich das große Vergnügen, die Jugendredaktion der Berliner Zeitung leiten zu dürfen. Täglich darf ich mit schlauen, wissbegierigen und extrem talentierten jungen Menschen zusammenarbeiten und dieses Newsportal mit frischen Artikeln bestücken. Ich selbst war zuvor übrigens unter anderem beim Tagesspiegel tätig und habe für den dpa-Themendienst geschrieben. Mein Volontariat habe ich bei Raufeld Medien und Cicero Online absolviert. Achso, an der FU habe ich Politik sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studiert – wie irgendwie fast alle halt.