Theaterfestival „Augenblick mal!“ beginnt: Szenen, die vom Leben handeln

Morgen beginnt das Theaterfestival „Augenblick mal!“ – bis Sonntag werden 13 Stücke für das junge Publikum präsentiert

Es herrscht Stille auf der wenig beleuchteten Bühne, bis der Herd den Schrank fragt, ob er lieber 20 Finger oder zwei Nasen hätte. „Ich hätte gern 20 Finger. Dann hätte ich nämlich vier Mittelfinger und könnte noch besser Klavier spielen“, antwortet der Schrank. Das Paar, das auf der Bühnenrampe sitzt, scheint die sprechenden Möbelstücke nicht zu bemerken. „Sessel, hättest du lieber einen heißen Urlaubsflirt mit der bösen Hexe oder einen unwichtigen One-Night-Stand mit dem Herd?“, wendet sich der Schrank an den roten Ledersessel – der natürlich den Flirt bevorzugt.

„Nightcalls“ heißt das Stück, in dem die Hildesheimer Theatergruppe James & Priscilla ein Pärchen auf die Bühne stellt, dem es eigentlich egal ist, eins zu sein. Die Geschichte von der Schönen und dem Biest wird neu erzählt. Das Stück ist eines der 13 Inszenierungen, die beim diesjährigen „Augenblick mal!“ präsentiert werden, dem einzigen bundesweiten Festival des Theaters für junges Pu­blikum, das morgen beginnt und bis Sonntag läuft. Aus 217 Kinder- und Jugendtheaterinszenierungen hat das fünfköpfige, internationale Kuratorenteam zehn deutsche und drei ausländische Stücke – eine Produktion aus Weißrussland, eine aus Belgien sowie eine kubanisch-schwedische Koproduktion – eingeladen. Auch zwei Berliner Jugendproduktionen sind vertreten: „Die Paten“ vom Theater- und Performancekollektiv Turbo Pascal sowie „The Basement“ vom Theater Strahl. „Die Kuratoren legten bei der Auswahl insbesondere Wert auf den Einsatz besonderer ästhetischer Formate“, so Gerd Taube, künstlerischer Leiter. „Zentral war in der Debatte auch, dass die Inszenierungen Ambivalenzen aushalten und die jungen Zuschauer ermächtigen.“

„Die Kuratoren legten bei der Auswahl insbesondere Wert auf den Einsatz besonderer ästhetischer Formate“ – Gerd Taube, künstlerischer Leiter

Das Programm ist themenreich. Während „Nightcalls“ vom Zusammensein handelt, erzählen die 14-jährigen Mädchen Nini und Jameelah in „Tigermilch“ dem Zuschauer eine ganz andere Geschichte. Die Bühne: eine Landschaft aus Kühlschränken. Ein Musiker sitzt fast verloren dazwischen. Mittendrin toben laut und energisch die zwei Freundinnen umher, denn der Sommer liegt vor ihnen. „Wir schlendern ganz cool und pomade die Straße runter“, erzählt Nini, als sie ganz oben auf der Kühlschrankpyramide steht. „Jameelah steht an der Häuserwand und raucht. Mit dem Fuß so angewinkelt und ich mach’s ihr nach. Jetzt sehen wir echt aus wie die Mädchen, die hier stehen.“ Doch mit den Typen, die sie auf der „Kurfürsten“ abfangen, schlafen sie nicht. An ihnen üben sie für den großen Tag der Entjungferung. In so einem langen Sommer kann viel geschehen.

Ein Schwerpunkt liegt auf den Themen Flucht und Migration, die verschiedentlich aufgegriffen werden. Wichtig war den Kuratoren zudem, einen Dialog der Generationen zu ermöglichen. In drei der Inszenierungen stehen Kinder und Jugendliche neben Erwachsenen auf der Bühne. Schauplatz des Festivals sind acht Theaterbühnen, unter anderem das Podewil, Grips und Theater Strahl. 

Alle Informationen zum Programm unter www.augenblickmal.de

Foto: Joerg Metzner

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Kategorien Kultur Theater

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.