Fünf Rocker aus Brandenburg: Die Band Schleudergang will zusammenhalten – über den Schulabschluss hinaus. Foto: Marius Stellke

Band fürs Leben – über den Schulabschluss hinaus

Oft bedeutet das Ende der Schulzeit das Aus für Schülerbands – wir haben zwei getroffen, bei denen es anders ist

Zehn Jahre gibt es Noisy bereits. Die A-Capella-Gruppe beweist, dass der Abschluss nicht unbedingt das Ende einer Schulband bedeuten muss. Zwar gehen alle Mitglieder mittlerweile ihrer Wege, Noisy ist aber weiterhin nach Familie und Freunden das wichtigste in ihrem Leben.

Am Versuch, einen Probentermin oder -raum zu finden, scheitert ein Großteil der Schülerbands, noch bevor die Tinte auf dem Abschkusszeugnis richtig getrocknet ist. Dass sie keine Instrumente sondern nur ihre Stimmen brauchen, spielt Noisy dabei in die Karten. Notfalls treffen sie sich einfach bei jemandem zu Hause.

Die A-Capella-Gruppe Noisy will zusammenhalten – über den Schulabschluss hinaus. Foto: Michael Alemu
Die A-Capella-Gruppe Noisy will zusammenhalten – über den Schulabschluss hinaus. Foto: Michael Alemu

Wenn Schleudergang probt, sieht das schon anders aus. Die fünf Rock-Musiker aus Brandenburg fahren im Gegensatz zu Noisy geradezu schweres Geschütz auf: Sie bieten das instrumentale Gesamtpaket aus Gitarre, Bass, Schlagzeug und Synthesizer. Das bedeutet auch, dass sie auf einen Raum angewiesen sind, in dem sie ihr über die Jahre angewachsenes Equipment unterbringen können. Fast wäre die Band an diesem Umstand gescheitert. 2013, zum Ende der Schulzeit der Mitglieder und sechs Jahre nach Gründung, stand der Verlust des Schulkellers als Probenraum bevor. Dazu kam noch die große Entfernung zwischen den zukünftigen Wohnorten. Die Mitglieder rechneten mit dem Aus und investierten zum Abschluss in die Veröffentlichung einer eigenen CD. Ein Ende der Band, in der so viel Leidenschaft steckte, wollte dann aber doch niemand akzeptieren. Glücklicherweise beendete die Schule diesen Schwebezustand, indem sie den jungen Musikern weiterhin den Proberaum zur Verfügung stellte. So war eine entscheidende Hürde genommen, die damals noch sechs jungen Musiker konnten sich weiterhin treffen und versuchten die liebgewonnene Konstante Band in ihren neuen Alltag zu integrieren.

Bei Noisy kam der Übergang zwischen Schule und Studium fließender, die Mitglieder erstreckten sich über drei Jahrgänge. Daher boten Veranstaltungen wie Musikabende der Schule der Band regelmäßig eine Bühne. Das spornte auch die bereits abgegangenen Mitglieder an, weiter dabei zu bleiben. Kurz bevor der letzte Sänger seine Schulkarriere beendete, organisierte Noisy 2007 sogar erstmals ein eigenes Weihnachtskonzert. So hat die Band seitdem zu den vielen kleinen Auftritten bei Familie, Freunden und Bekannten ein festes Event im Jahr. Zuletzt veröffentlichten sie zum Weihnachtskonzert 2015 ihre erste eigene CD mit zehn Songs.

Sowohl Noisy als auch Schleudergang haben allerdings auch schon die Erfahrung gemacht, dass der Schritt von der Schüler- zur eigenständigen Band nicht ohne Verluste vonstatten geht. Bei Noisy verließen gleich vier Sänger die Band nach ihrer Schulzeit. Und auch bei Schleudergang stiegen zwei der Mitglieder kurz nach dem Abitur aus. Für beide Bands ein wichtiger Einschnitt, denn wie sollte es nun weitergehen? Schleudergang erschien die Antwort wohl noch schwieriger, denn während eine fehlende Stimme im A-Capella-Gesang vielleicht noch kaschiert werden kann, fallen fehlende Instrumente auf der Bühne weit mehr ins Gewicht. Ein Scheitern der Band, nachdem man den Übergang nach der Schule vermeintlich schon geschafft hatte – für die ambitionierten Jung-Musiker wäre das ein herber Schlag gewesen. Doch auch hier bewiesen sie Stärke. Während sich bei Noisy die fünf verbleibenden Mitglieder zu einem erweiterten Familienkreis fügten, stieg bei Schleudergang kurzerhand der Zwillingsbruder des Keyboarders als neues Mitglied ein.

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Inzwischen hat sich eine Probenroutine entwickelt, dennoch muss der Spagat zwischen Studium oder Ausbildung und Band jedes Mal aufs Neue gelingen. Schleudergang-Sänger Carl bringt es auf den Punkt: „Wir alle wollen in unseren Studium weiterkommen und dabei auch keine Abstriche machen, aber wir wollen auch, dass die Band weitergeht.“ Nachdem sich die Band eine Zeit lang oft auf verschiedenen Wettbewerben und Festen präsentierte, konzentriert sie sich deshalb seit Mitte 2015 vermehrt auf das Songschreiben. Dabei setzen sie auch auf neue musikalische Einflüsse. Einen ihrer aktuellen Songs haben sie mittlerweile professionell aufgenommen und planen im Sommer die Veröffentlichung mit Musikvideo.

Ihren Weg nach der Schule haben Schleudergang und Noisy auf unterschiedliche Weise gefunden. Die Liebe zur Musik und die Motivation, das Projekt Band trotz aller Schwierigkeiten nicht aufzugeben, verbindet sie.

Von Friederike Deichsler und Michael Alemu

Schleudergang könnt ihr am Sonnabend, 21. Mai, live erleben. Die Jungs treten 14.45 Uhr auf dem Rock in Caputh in Potsdam auf.
Noisy spielen am 29. Mai beim Sommerfest der St. Laurentius Gemeinde am Hansaplatz.

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Kategorien Kultur Musik Schule & Zukunft Über den Tellerrand

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.