zu-breit?: Anti-Kiffer-Kampagne – vor allem für hysterische Eltern?

Berlin hat den Ruf der Kiffer-Hauptstadt, so steht es zumindest auf der nagelneuen Website der Cannabis-Aufklärungskampagne der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Nach Angaben des Berliner Senats haben 17,2 Prozent der 15- bis 17-Jährigen Erfahrung mit Cannabis, bei den 18- bis 24-Jährigen sollen es 46,4 Prozent sein. Um Jugendliche über die Gefahren des Kiffens aufzuklären, wurde nun die Kampagne „Zu breit?“ gestartet. Für eine halbe Million Euro wurde unter anderem eine Website gebaut, drei 15-sekündige Videos wurden produziert und eine Single mit dem Rapper Drob Dynamic wurde aufgenommen, den der ein oder andere vielleicht wegen seiner Döner-Hymne „Alles komplett“ kennt.

Abgerundet wird die Anti-Kiffer-Kampagne durch sogenannte Cannabis-Lounges. Dabei handelt es sich um Informationsveranstaltungen, die an verschiedenen Berliner Schulen durchgeführt werden. Die erste Cannabis-Lounge fand vergangenen Donnerstag an der Tempelhofer Luise-Henriette-Schule statt. Ich habe sie besucht – und war der einzige Jugendliche zwischen den besorgt aufgebrachten Eltern. Etwa 80 Prozent der Jugendlichen seien im Unterricht bekifft, sind sich alle sicher. Ich habe derweil in der „Aktiv-Zone“ eine Brille aufgesetzt, die simuliert, welche Wahrnehmung ich nach fünf Joints hätte. Danach war ich mir sicher, dass diese Lounges totaler Quatsch sind. Sie sprechen lediglich Eltern an, die keinen Bezug zu ihren Kindern haben. Mehr noch wundert mich aber: Warum richtet sich eine Präventionskampagne, die Jugendliche über die Risiken von Cannabis aufklären soll, in erster Linie an Eltern? Der Flyer für Jugendliche umfasst zwei Seiten, der für Eltern ist doppelt so dick.

Die ganze Kampagne scheint von Menschen geplant zu sein, die nicht wissen, dass Jugendliche ganz normale Menschen sind. Wir brauchen einfach keine betont coolen Rap-Songs, die uns aufzuklären versuchen. Den 400 Likes stehen bei YouTube 1 000 Dislikes gegenüber. In den Top-Kommentaren heißt es: „Als Satire göttlicher Humor, als ernst gemeinte Präventionskampagne einfach traurig.“ Ich wunder mich, dass Drob Dynamic sich dazu hat hinreißen lassen. Aber vielleicht ist von der halben Million Euro ein überzeugendes Sümmchen für ihn übrig geblieben.

Verrückte Idee meinerseits: Wie wäre es, am heimischen Abendbrottisch einfach mal das Gespräch zu suchen? Ist nicht nur billiger, sondern sicher auch zielführender, als sich von anderen hysterischen Eltern in der eigenen Hysterie hysterisieren zu lassen.

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Kategorien Gesellschaft Klartext Politik

„Ich träume von Dingen, die es noch nie gegeben hat und frage mich: Warum nicht?“ Das sagte Robert F. Kennedy einmal. Genau so würde auch ich meine Einstellung erklären. Ich mag es, Dinge von neuen Seiten zu denken. Ich habe mit 15 Jahren ein Buch geschrieben und mit 18 Jahren eine eigene Partei gegründet. Meine große Leidenschaft ist die Moderation – die ich in verschiedenen Formaten auslebe. Jetzt, 22 Jahre alt, bin ich unter die Journalisten gegangen und schreibe über das, was ich gerade erlebe und über das, was mir wichtig ist.